Die Stadt ist eine verschlossene Auster

In Gelsenkirchen setzt die Politik derzeit auf eine digitale Zukunft. Glasfaseranschlüsse und die Freigabe aller Daten der Verwaltung über „open data“ sollen es richten. Da sind die Verantwortlichen sehr freigiebig mit blumigen Erklärungen und tollen Visionen für die Zukunft. Ungleich verschlossener ist man jedoch, wenn es darum geht, uns Journalisten Informationen zu geben. Die Anfragen werden nicht besonders schnell bearbeitet, und in vielen Fällen gibt es erst nach mehrfachem Nachbohren überhaupt eine Antwort. Ansprechpartner in der Verwaltung werden nicht vermittelt, und oft ist die Antwort nur der Verweis auf eine Vorlage der Verwaltung. Das gilt vor allem für kritische Themen, die nicht ins positive Bild passen wollen. So haben wir zum Beispiel vor inzwischen einem Jahr nachgefragt, wie der Pachtvertrag für das Amphitheater im Nordsternpark aussieht. Warum finden auf dieser tollen und auch für das Ruhrgebiet besonderen Bühne so wenige Veranstaltungen statt? Mit dem Verweis auf einen mit der Stadt abgeschlossenen privaten Vertrag wurde uns die Antwort verweigert. Erst durch den Rückgriff auf das Informationsfreiheitsgesetz und das Hinzuziehen der zuständigen Landesbehörde ist schließlich Bewegung in die Sache gekommen. Inzwischen gibt es die Zusage, dass wir die Unterlagen einsehen können. Das war im Dezember 2017, und seitdem bereitet sich die Verwaltung auf den Termin vor.

Wir haben noch Hoffnung, aber Transparenz und Zusammenarbeit mit den Medien sehen anders aus.

Informationsfreiheitsgesetz

Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NW) ist am 1. Januar 2002 in Kraft getreten und ermöglicht den Bürgern den freien Zugang zu den Informationen, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind. Das betrifft die Verwaltungen des Landes, der Kommunen, der Kommunalverbände und juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die Bürger können sich mit einem Hinweis auf das IFG an die jeweilige Behörde wenden und auf das IFG verweisen. Ganz einfach läuft so eine Anfrage über die gemeinnützige Plattform www.fragdenstaat.de. ab. Wenn es Probleme bei der Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen gibt, kann auch der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen weiterhelfen.

Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen
Kavalleriestr. 2-4
40213 Düsseldorf
Telefon: 0211/38424-0
Fax: 0211/38424-10
E-Mail: poststelle@ldi.nrw.de

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3 Gedanken zu “Die Stadt ist eine verschlossene Auster

  1. Die Formulierung „uns Journalisten“ halte ich für nicht ganz passend, weil das der Blick auf eine zeitgemäße Realität von außen ist, die innerhalb der Verwaltung so nicht vorherrscht.

    In den Kommunen wird die Pressearbeit oft fälschlicherweise an der Mainstream-Presse orientiert, mit der die Pressestelle vertrauensvoll zusammenarbeitet.

    Eine kritische Presseanfrage wird, so Martin Lehrer vom Städte- und Gemeindebund, gern mal übersehen.

    Meines Erachtens beruht die o.g. Erfahrung in Gelsenkirchen auf der von Martin Lehrer erkannten, fehlenden Bereitschaft der Verwaltung zu kommunizieren. Das kann mit den Krisen in der letzten Zeit zusammenhängen (HSH, Jugendamt, Gelsendienste), die allesamt Berührungspunkte im Bereich der (strukturellen) Korruption aufweisen.

    Mir scheint, es mangelt in Gelsenkirchen bei Oberbürgermeister, Beigeordneten und Pressestelle grundsätzlich an einem modernen Krisenmanagement. Die Versuche, die als Totschweigen von Kritik wahrgenommen werden, gelten in Fachkreisen als old school und nicht mehr zeitgemäße Reaktion auf Krisensituationen.

    Die Vorgehensweisen lassen darauf schließen, dass die Stadt Gelsenkirchen insgesamt konzeptionell so weitermachen möchte, wie bisher, um einen gewissen Bestand an Kontinuität im Verwaltungshandeln zu bewahren und zu zementieren.

    1. Dieser Stil wird weiter dazu führen, dass die AFD sich noch mehr ausbreitet und verfestigt. Das scheint die immer noch vorherrrschende Politikerklasse dennoch wenig zu beeindrucken und diese merkelanische Kommunikationspolitik verändern zu wollen – solange die eigenen Pensionsansprüche ein sorgenfreies Rentnerleben garantieren. Solange die Kommune hier nicht endlich eine offene, dem Ernst der gesamten Lage angepasste Kommunikationsstrategie der ärmsten Stadt Deuschlands fährt, wird sie auch noch den Rest der Bürger vergraulen, die an eine bessere Zukunft arbeiten wollen.

  2. Die Tatsache, dass im Amphitheater lediglich so wenige Veranstaltungen stattfinden ist dem Freizeitlärmerlass NRW geschuldet. Dieser besagt, dass an nicht mehr an 18 Tagen Lärm gemacht werden darf. (Quelle: https://bit.ly/2LB6ZMT – Punkt 3.2)
    Bis 2016 waren es lediglich 10 Tage.

    Aufgrund von Anwohnerbeschwerden wurde ein Schallschutzgutachten erstellt um die gesetzlichen Werte einhalten zu können. Bei jeder Veranstaltung wird gemessen. Leider führt bereit der Applaus von 2000 Menschen zu einer Überschreitung der Grenzwerte die nicht als „seltenes Ereignis“ gelten.

    Auch bei uns hatten Sie um Einsicht in den Pachtvertrag gebeten.
    Ich denke vielen privaten (!) Unternehmern wäre das nicht recht, zumal wir als Betreiber des Amphitheaters, wider vieler Annahmen, keine Stadttochter sind.

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