Der Brückenbauer: Geschichtenerzähler Danko Rabrenović im Kulturraum „die flora”

Passionierten Radiohörerinnen ist „Funkhaus Europa“ sicher noch ein Begriff. Heutzutage unter dem Namen „Cosmo“ unterwegs, bot es Danko Rabrenović über ein Jahrzehnt lang eine Plattform für sein Format „Balkanizer“, das mit Live-Musik und Geschichten der Gäste den Radiohörerinnen einen Einblick in die Lebensgeschichten von Menschen gewährte, die aus dem Balkan nach Deutschland gekommen waren. Hier erfuhr man aus erster Hand, wie es ihnen, oft genug durch die Konflikte dort initiiert, und mittlerweile in Deutschland beheimatet, erging und wie ihr Leben nun hier aussah.
Am 28. Februar ist der Cosmo-Moderator, der mit Büchern wie „Der Balkanizer. Ein Jugo in Deutschland“ nebenbei zum „jugoslawischen Wladimir Kaminer“ wurde, im Kulturraum „die flora“ unterwegs, jedoch „Solo & Allein“ – ganz allein: also auch ohne seine Band Trovači.
Stattdessen wird nur er sprechen und singen, von „Sprache, Exil, Identität, Kulturschocks, Heimatgefühlen, Nationalismus, Integration, Migrationshintergrund und ähnlichen Krankheiten“ in einem Format, das als „Konzert, Lesung, Stand Up und Kabarett“ bezeichnet werden kann.
Im Vorfeld zum Auftritt stellte ihm die isso. einige wichtige Fragen, denen er mit ebenso elementaren Antworten begegnete:

Herr Rabrenović, Sie sind 1991 aus Belgrad nach Deutschland gekommen, um nicht am Krieg in Jugoslawien teilnehmen zu müssen. Was raten Sie Neuankömmlingen in Deutschland?

Sie sollten auf jeden Fall eine Haftpflichtversicherung abschließen und sich einen Laubbläser zulegen. Mitgliedschaft in einem Verein wäre auch nicht verkehrt, denn ohne Verein ist man hier allein. Spaß beiseite, sie sollen sich auf ein spannendes Leben in einem neuen Land einlassen. Jeder Anfang ist schwer, aber das Land bietet viele Möglichkeiten, und wenn man ankommen will, klappt das auch früher oder später, trotz vieler Hürden.

Deutschland in den vergangenen drei Jahrzehnten seit Ihrer Ankunft – wie und was hat sich verändert?

Es hat sich vieles verändert. Ich habe das Gefühl, dass Deutschland viel offener, bunter und internationaler geworden ist. Als würde man langsam begreifen, dass in der Vielfalt auch Kraft und Chancen liegen.
Gleichzeitig haben wir aber auch „besorgte Bürger“ und die AfD, die das nicht begreifen wollen, und die Angst um das wunderschöne „Abendland“ haben. Dabei sind sie diejenigen, die dem Land mit ihrer Ignoranz und Vorurteilen schaden. Vorurteile sind zwar bequem, denn man muss sich nicht mit jemanden oder mit etwas beschäftigen. Man steckt es in eine Schublade und sieht zu, dass man sie nie wieder aufmacht. Gleichzeitig bedeuten Vorurteile aber Stagnation. Sie sind das Gegenteil von Fortschritt.

Sie sind in Ihrer Eigenschaft als Geschichtenerzähler ein Brückenbauer zwischen Deutschland und dem Balkan. Kommt der Balkan zu kurz in der Wahrnehmung der deutschen Öffentlichkeit, gibt es nennenswerte „Brücken“?

Es gibt viele nennenswerte Geschichtenerzähler mit Balkanwurzeln in Deutschland wie Saša Stanišić, Jagoda Marinić oder Marica Bodrožić, um hier nur einige zu nennen. Die muss man aber lesen, um sie und ihre Geschichten wahrzunehmen.

Bitte vervollständigen Sie den Satz: Sprache ist…

…für mich die einzige Instanz, die für die kulturelle Identität wichtig ist. Alles andere wie zum Beispiel Pässe, Hymnen, Flaggen oder Wappen finde ich überflüssig. In der Muttersprache findet man die Heimat, und mit Fremdsprachen entdeckt man neue Welten.

Was wünschen Sie sich für Ihre persönliche Zukunft und die Europas?

Dass wir gesund, rund und fröhlich bleiben. Dass wir auf Gemeinsamkeiten setzen und nicht auf Unterschiede.

Die isso. dankt für Wort und Tat.

 

Danko Rabrenović wurde in Zagreb geboren, wuchs in Belgrad auf und lebte als Kind mit seinen Eltern drei Jahre in Peking. Kurz nach Ausbruch des Jugoslawien-Krieges kam er nach Deutschland. Er moderierte von 2005 bis 2016 die Kultsendung „Balkanizer“ auf WDR Funkhaus Europa. Seit Januar 2017 ist er Moderator beim Nachfolgesender WDR COSMO. 2010 erschien sein erstes Buch, „Der Balkanizer“ (Egmont), 2015 dann „Herzlich willkommenčić“ (Dumont). 2018 feierte er das 15-jährige Bühnenjubiläum mit seiner Ska-Punk Band Trovači.

www.danko-rabrenovic.de

 

Freitag, 28. Februar 2020, 20 Uhr
„Solo & Allein“
Kulturraum „die flora“
Florastraße 26, 45879 GE-City
12 €; erm. 8 €

Der Vorverkauf hat schon begonnen, Tickets gibt es hier: Stadt- und Tourist-Info im Hans-Sachs-Haus, Ebertstraße 11, 45879 GE-City.
Kartenreservierung und Info: (0209) 169-9105

Veranstalter: Referat Zuwanderung und Integration in Kooperation mit dem Kulturraum „die flora“ und Migrantenvereinen

www.die-flora-gelsenkirchen.de

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