Ein Kommentar von Denise Klein
Das Wohnzimmer GE hatte im letzten Jahr über die Grünen im Rat 70.000 € Strukturförderung beantragt. Der Antrag wurde negativ beschieden. Nicht aus dem Grund, dass nicht seitens der Politik erkannt worden sei, dass das Wohnzimmer hier hervorragende Arbeit leistet. Doch die SPD sah die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben.
„Zur Ehrlichkeit gehört in der Debatte auch ein Blick auf den Kulturetat: Abgesehen von der Förderung des Musiktheaters und der Neuen Philharmonie, über die in Gelsenkirchen übergreifender politischer Konsens herrscht, erhält beispielsweise das Consol Theater mit jährlich ‚nur‘ rund 50.000 € die größte Fördersumme, die gesondert im Haushalts-plan festgeschrieben ist. Andere ‚kleinere‘ Einrichtungen, wie das SPUNK in Ückendorf oder der Kunstverein, erhalten jährliche Fördersummen zwischen 3.000 und 6.000 €. Vor diesem Hintergrund sind 70.000 € für das Wohnzimmer gegenüber anderen Kultureinrichtungen, die auch gute und wichtige Arbeit leisten, schlicht unverhältnismäßig“, so David Peters, kulturpolitscher Sprecher der SPD-Ratsfraktion in einer Pressemitteilung.
Zur Ehrlichkeit gehört aber ebenfalls, dass die Beispiele hinken. So ist das SPUNK ein Falkenbetrieb, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden über diese SPD-Einrichtung finanziert. Über die Kulturförderung NRW bekam im Jahr 2016 das Consol Theater 97.400 € bezuschusst, der Betriebskostenzuschuss für kommunale Theater in Gelsenkirchen ist mit 652.000 € beziffert. Zusätzliche 25.000 € gingen ans Musiktheater für die Sparte Kinder- und Jugendtheater, 200.000 € bekam das Ballett Gelsenkirchen, 2.433.000 € die Neue Philharmonie Westfalen (NPW).
Das heißt natürlich nicht, dass Musiktheater und Consol Theater nicht dennoch unter finanziellem Druck stünden. Die Musikerinnen und Musiker der NPW können davon ein Lied singen. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat nun eine kräftige Erhöhung der Kulturförderung angekündigt. Sie verdoppelt die Grundunterstützung für die Sparten Oper, Schauspiel, Tanz und Orchester bis zum Jahr 2022 auf etwa 40 Millionen €. Weitere zehn Millionen dienen der „Profilbildung“ von Theatern und Orchestern. Somit wird das Musiktheater 95 Prozent mehr bekommen.
Da mutet es ungerecht an, wenn ein mittlerweile viel frequentierter Kulturort, der nicht der Sparte Oper, Tanz oder Theater zuzurechnen ist, so gar nichts abbekommt. Und wirklich alles ehrenamtlich stemmt. Die Macherinnen und Macher des Wohnzimmers GE sind naturgemäß jung. Sie gehören nicht zu der Gruppe Ehrenamtler, die, von einer guten Rente lebend, ihre Freizeit der Allgemeinheit zu Gute kommen lassen. Sie sind dabei, ihre berufliche Existenz aufzubauen und bringen sich mit Leidenschaft und viel Zeit ein. Neben dem Brötchenverdienen. Im Vergleich: Laut Beteiligungsbericht 2015 bekam der, nun ehemalige, Geschäftsführer des Musiktheaters, Dieter Kükenhöner, 146.000 € Gehalt im Berichtsjahr.
Das Wohnzimmer GE finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Und es schließt eine Lücke in der Angebotsvielfalt dieser Stadt, zieht mit seinem Programm dort junges Publikum an, wo ansonsten den Mittzwanzigern herzlich wenig geboten wird. Als soziokultureller Ort muss das Wohnzimmer GE andere Töpfe anzapfen, nämlich die Landesmittel, die für soziokulturelle Zentren vorgesehen sind. Und die unterstützen meist Projekte, so dass von Planungssicherheit auch hier wieder keine Rede sein kann.