Neubau von fünf Schulbauten ohne Anwendung des Vergaberechts für öffentliche Auftraggeber

Eine fachliche Stellungnahme von Monika Güldenberg (BDA), 27. März 2020

Wie im Lokalteil der WAZ Gelsenkirchen am 24.3.2020 veröffentlicht, schlägt der Gelsenkirchener Bildungsausschuss den Neubau von fünf Schulbauten im verkürzten Verfahren vor, auf übliche Vergabeverfahren oder Architektenwettbewerbe soll verzichtet werden. Der Rückgriff auf die gemeinnützige städtische Wohnungsbaugesellschaft als Projektentwickler ist ein erprobtes Modell in Gelsenkirchen. Das damit wohl mögliche Umgehen der Vergabekriterien für öffentliche Auftraggeber wird als heilsbringend angesehen, die aufwendige Zeitschiene zur Durchführung der gebotenen Vergabeverfahren und damit erforderlichen Projektorganisation ist wieder mal nicht möglich. Leider kommen Kommunen tatsächlich häufig in Konfliktlagen, wenn auf Grund von Gutachten und den politischen Reaktionen durch Ausgabe von befristeten Förder-und Konjunkturprogrammen die Vorbereitung von wichtigen kommunalen Bauprojekten kaum durchführbar ist. Insbesondere mit den aktuellen Personaldeckungen der Verwaltungen. Doch rechtfertigt dies nicht, dass sämtliche Vergabekriterien für öffentliche Auftraggeber ausgesetzt werden. Diese Kriterien dienen der Einhaltung des Wettbewerbsrechts, der transparenten Durchführung von Projekten, von der die Öffentlichkeit, zu Recht, nicht ausgeschlossen werden darf, sowie der Sicherstellung der Planungsqualität und Förderung der Baukultur.
Wir appellieren an die Verantwortung der Beteiligten, die mit ihren Entscheidungen die Zukunft unserer Stadt langfristig prägen! Wir kämpfen heute mit einigen Entscheidungen der Vergangenheit, die gern in kleiner Runde gefällt wurden. Das war in bestimmten Zeiten so üblich. Doch die Gesetzgebung sieht etwas anderes für das Vergaberecht vor. Für Unternehmen gilt seit 1957 das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung, für die öffentliche Hand ebenfalls seit 1998, ergänzt bis heute durch die Vergabeverordnung VGV. Auch wir Architekten, als Nicht-Juristen, sehen die Komplexität dieser Regelwerke als herausfordernd an. Aber die Anwendung macht nicht nur juristisch Sinn:
Wir kämpfen an allen Fronten, dass das öffentliche Leben der Gelsenkirchener wieder öffentlich stattfindet, bemühen uns, Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu schaffen. Wir wundern uns, dass die Gelsenkirchener die Lebensqualität in ihrer Stadt nicht wertschätzen oder vielleicht anerkennen, wie in vielen Umfragen stets dokumentiert ist. Wir wundern uns, dass Fachgeschäfte schließen und unsere Innenstädte nur noch bedingte Einkaufsmöglichkeiten bieten, Angebote zum Aufenthalt oder ergänzende Nutzungen fehlen, belebende Kulturnutzungen wie z.B. Kinos oder der Hochschulstandort, der an Satellitenstandorte ausgegliedert wurde.
Wir erkennen aber, dass sich gut geplante und durchdachte Schulbauten wie z.B. die Evangelische Gesamtschule in Bismarck, mit pädagogischem Konzept, welches sich auch in der Architektur widerspiegelt, einer großen Beliebtheit erfreuen. Wir erkennen, dass Projekte, deren Lösungen z.B. im konkurrierenden Wettbewerbsverfahren gefunden werden, zu Transparenz, Qualität und auch breiter Unterstützung führen können. Sei es das Hans-Sachs-Haus, der Heinrich-König-Platz und hoffentlich auch bald das neue Schulgebäude auf dem Gelände des Schalker Vereins, sofern es die Qualitäten des Siegerentwurfs in der Ausführung erhalten kann. Der Aufwand an Zeit, Kompetenz, Fairness und Verantwortung, den die Projektverantwortlichen ihren Aufgaben entgegenbringen, spiegelt sich zumeist in der Wertschätzung der Projekte durch die Allgemeinheit.

Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob der Weg des geringsten Widerstands, die erprobte Komfortzone, die die Gelsenkirchener gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Verwaltung bietet, zum gewünschten Ergebnis, bzw. zum erforderlichen Mehrwert für unsere Stadt führt. Die wichtigen Fragen zu Standorten, städtebaulicher Herangehensweise, architektonischer Ausgestaltung, hier unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Schüler unserer Stadtgesellschaft, erfordern eine qualitative Sach- und Fachdiskussion, die z.B. in der Regel durch eine unabhängige Jury bei regelkonformen Wettbewerben gegeben ist.
Die Stadt benötigt nicht regelmäßig fünf neue Schulbauten. Diese Chance sollte genutzt werden, denn neben den vielen kleinen Schritten kann hier ein großer Beitrag auf dem Weg der durch Strukturwandel geprägten „Shrinking-City“ zu einer lebens- und liebenswürdigen Stadt ermöglicht werden. Die nächste Generation wird es danken.

Unserer Meinung nach bleibt der Planungswettbewerb, bei kommunalen Bauten bestimmter Größenordnung und Öffentlichkeitswirksamkeit, das richtige und zielführende Verfahren. Die Erfahrung in der Verwaltung zur Durchführung eines Schulbauwettbewerbs wurde erst kürzlich aufgefrischt und könnte nun bei fünf weiteren Schulen angewandt und „geschliffen“ werden.
Ob auch andere Wege für die Planung und Errichtung der neuen Schulbauten, unter Sicherung einer qualitätssichernden Verfahrensweise und fairen Wettbewerbsbedingungen, gefunden werden können, die erleichternd für Kommunen mit geringen Haushaltsspielräumen und Personaldecken wirken, könnte beraten werden.
Ob die Stadt selbst oder ein städtisches Unternehmen die Projektdurchführung vornimmt, spielt bei diesen Überlegungen keine Rolle. Unseres Erachtens braucht es eine starke Stimme, die sich für qualitätssichernde Verfahren in unserer Stadt einsetzt und diese durchführen kann. Wir wissen um die mannigfaltigen Gegenstimmen, die sich erheben würden. Angefangen von den terminlichen Problemen, über die Kosten, über das „Einreden“ externer Fachleute, die Schwierigkeiten, die sich bei der Zusammenarbeit mit nicht wählbaren Planungsbüros ergeben könnten. Wir wissen aber auch um die zahlreichen Stimmen, die sich über den veröffentlichten Verfahrensweg empören. Und auch um viele andere Kommunen, die sich den qualitätssichernden Vergabeverfahren stellen. Mit Erfolg. Monika Güldenberg
Erste Vorsitzende für den BDA Gelsenkirchen
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Ein Gedanke zu “Neubau von fünf Schulbauten ohne Anwendung des Vergaberechts für öffentliche Auftraggeber

  1. Der Hilferuf von Monika Güldenberg und des BDA Gelsenkirchen nach einer starken „Stimme, die sich für qualitätssichernde Verfahren in unserer Stadt einsetzt und diese durchführen kann.“, ist berechtigt.

    Die quasi Monopolstellung, die sich, wie von Frau Güldenberg geschildert, in der Stadt mittlerweile mit der GGW als alleiniger Auftragnehmer in diesen Dingen auftut, erfordert einen Gegenentwurf. Dieser muss von der Opposition geleistet werden. Verfahrensgerechtigkeit, wie gefordert, ist dabei das Mittel der Wahl.

    Ein weiteres Mittel wäre es, zusätzlich einen städtischen Antikorruptionsbeauftragten zu ernennen. Einen solchen hat die
    Stadt Homburg ernannt. Er hat an der Fachhochschule für Verwaltung – Zentralverwaltung HSPV NRW, GE, Haidekamp 73, am Studieninstitut Ruhr in Dortmund im Jahr 2016 eine zum angesprochenen Thema passende Veranstaltung durchgeführt:

    Korruption am Bau
    aus der Beschreibung: „es wird leider immer wieder der Baubereich als besonders korruptionsbelastet identifiziert.
    Voraussetzung zur Bekämpfung dieser kriminellen Methoden ist die Kenntnis davon. Daraus werden Maßnahmen abgeleitet, die solche Handlungen aufzeigen können (Indikatoren) und es gibt auch Anregungen für präventive Ansätze zur Verhinderung/Erschwerung solcher Tatbestände.
    Die Struktur der Korruption und einer Bauabwicklung weisen große Schnittmengen auf. Die Bauabwicklung zeigt aber auch systematische Mängel oder Merkmale auf, welche Korruption fördern. Diese Veranstaltung zeigt diese Strukturen und Abläufe von der gefälschten Kostenschätzung über die Vergabe bis zur Bauabwicklung und Abrechnung auf, die durch Korruption beeinflusst werden können. Insbesondere wird auf die Methoden örtlicher Baukartelle eingegangen und wie diese im Vergabezeitraum nochmals ihre Angebote „optimieren“ können.
    Der betriebswirtschaftliche Erfolg, also der Gewinn der Korruption abzüglich der gezahlten Schmiergelder, ist hoch. Die indirekte Finanzierung der Schmiergelder durch die öffentliche Hand selbst mittels Abrechnungsbetrug ist das Ende einer langen korrupten Handlungskette.“ (Zitat Ende) Quelle: https://www.hspv.nrw.de/nachrichten/artikel/korruption-am-bau/

    Es wäre allen BürgerInnen und der BDA für die nächste Kommunalwahl nur zu wünschen, dass sich die Opposition mit einer Vision von Maßnahmen gegen diese Korruption am Bau mehrheitlich durchsetzt, damit sich in dieser Stadt, die es dringend nötig hat, bald etwas dahingehend ändert.

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