LET´S PLAY

Wenn Erwachsene spielen

Der niederländische Historiker Johan Huizinga prägte einst den Begriff des Homo Ludens – des spielenden Menschen. Nach ihm sei der Mensch ein Wesen, das von Natur aus zum Spielen und zur Schaffung von Spielen geneigt ist. Huizinga argumentierte, dass dies eine grundlegende und wichtige menschliche Aktivität sei, die in vielen Bereichen des menschlichen Lebens wie Kunst, Wissenschaft, Religion und Politik, vorhanden sei. Etwa 30 dieser Spezies trafen nun in Gelsenkirchen aufeinander, um ihrem Spieltrieb freien Lauf zu lassen.

Die deutsche Spielszene ist in den letzten Jahren enorm gewachsen und hat sich zu einem wichtigen Bestandteil der Kultur und Freizeitgestaltung für Erwachsene entwickelt. Hier ist nicht die Glücks- oder Wettspielszene gemeint, natürlich nicht. Sondern ein Hobby, das mittlerweile an die 35 Millionen aktive Spielerinnen und Spieler in Deutschland umfasst. Einen Großteil machen hier die Computerspiele aus, aber auch der klassische Spielemarkt zeigt einen Aufwärtskurs. Statistiken zeigen, dass die Gaming-Branche in Deutschland im Jahr 2020 ein Umsatzwachstum von rund 8,5 Prozent erzielt und einen Gesamtumsatz von etwa 8,5 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Es wird erwartet, dass der Umsatz in den kommenden Jahren weiter steigen wird, da immer mehr Menschen sich für das Spielen interessieren.
Besonders beliebt sind in Deutschland neben Computerspielen auch klassische Brett- und Gesellschaftsspiele wie Monopoly, Scrabble oder Risiko, aber auch für Rollenspiele gibt es seit einigen Jahrzehnten eine prosperierende Szene.

Am 25. März lud der Gelsenkirchener Spieleverlag System Matters in den Spielladen „GEspielt“ in die Ahstraße. Für die wesensverwandten Unternehmen ist es die erste Kooperation dieser Art. System Matters, seit 2015 zuerst nebenberuflich, heute hauptberuflich von Patrick Jedamski und Daniel Neugebauer gegründet und geführt, verlegt und vertreibt Rollenspiele. Dabei haben die beiden ein ehernes Prinzip:
„Wir wollen nichts herausbringen, das wir nicht auch voll unterstützen oder selbst spielen würden. Das heißt, wir machen nur Sachen auf die wir Lust haben, die für uns wegweisend sind oder eine Nische abdecken, die gefüllt werden muss. Und wie ein guter Verlag würden wir ein wirklich gutes Spiel auch auf die Gefahr hin herausbringen, dass wir gerade mal die Produktionskosten wieder reinholen.“

Mit ihrer Einschätzung, was funktioniert und was nicht, können sie auf viele Jahre Erfahrung zurückgreifen. Seit 2009 machen die beiden den Podcast „System Matters – Morning Matters“, bei dem sie neue Produkte auf dem Rollenspielmarkt vorstellen und auch schon mal einige Runden vor den Ohren der Hörer spielen. Damit stießen sie auf eine Menge Gehör und eine wachsende Fangemeinde, was schließlich den Ausschlag gab, den Verlag zu gründen.

An drei Tischen haben sich an diesem Nachmittag rund 30 Menschen zusammengefunden, die unterschiedliche Games ausprobieren. Zur Auswahl stehen Mäuseritter, Dungeon Crawl Classics und Bäronomicon, alles Spiele, die System Matters selbst verlegt oder übersetzt hat. Einige Leute kennen sich, andere sind neu dabei und fuchsen sich in das teilweise sehr komplexe Regelwerk ein. Immer helfend dabei der Spielleiter, der unterstützend auch während des laufenden Spiels Rat und Hilfe gibt.
In erster Linie sind es Männer in ihren Dreißigern, die den Großteil der Spieler ausmachen. Auch zwei junge Frauen haben sich dazugesellt, die Atmosphäre ist eine besonders aufgeschlossene und einladende. So tüfteln sich die Teilnehmer in ihre Rolle, einige schon Profis, andere Neulinge, die mit Eifer versuchen, das Beste herauszuholen.
„Heute ist ein ganz besonderer Anlass“, antwortet Janis Samland, der mit seinem Kompagnon Denis Simon seit Dezember 2022 das Gesellschaftsspielcafé in der Ahstraße 12 betreibt. Deshalb seien jetzt nur Erwachsene hier. Hier seien aber auch Kinder herzlich willkommen, denn das Spieleangebot starte für Spieler ab fünf Jahren. Rund 250 Spiele bieten sie derzeit an. Ziel ist es, auf 1000 zur kommen. „Wenn die Spiele vollständig und gut erhalten sind, freuen wir uns über jede Spende“, so Samland. Das Prinzip des Ladens ist einfach: man spielt einfach: „Für zwei Euro in der Stunde kann man hier in Ruhe und mit unserer Hilfe alles spielen, was wir anzubieten haben“, erklärt Denis Simon. Dabei springen die beiden immer wieder selbst mit ein, wenn ein Mitspieler fehlt oder die Regeln noch nicht so sitzen. Spontan vorbeikommen ist immer möglich, aber auch für eine größere Gruppe bei Kinder- und Erwachsenengeburtstagen beispielsweise kann man sich problemlos einbuchen. So wie es System Matters an diesem Tag getan hat.

GEspielt – Ahstraße 12, 45879 GE-City
Öffnungszeiten: Mo: 15-20 Uhr ; Di: 18-22 Uhr;
Mi & Do: 15-20 Uhr; Fr: 15-22 Uhr; Sa: 12-22 Uhr; So: 14-20 Uhr
www.instagram.com/ge.spielt

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