Die anhaltende Diskussion um die Markthalle in Buer macht kaum Hoffnung, dass dort bald neues Leben einkehrt.
von Michael Voregger
Die Markthalle in Buer war ein Beleg dafür, dass in Gelsenkirchen gastronomische Angebote in interessanter Architektur funktionieren können. Das ist inzwischen Geschichte, und der Leerstand trübt seit drei Jahren das Stadtbild. Folgt man der Argumentation der Verwaltung und der SPD, dann ist mit dem Investor Thomas Bernau der Schuldige klar zu benennen. Der hat die Halle 2014 gekauft, doch seitdem ist für den Außenstehenden kein Fortschritt zu erkennen. Stillstand ist das Motto.
Der Niedergang der Markthalle war bereits vorher deutlich zu sehen. Es gab viele Leerstände, und einige Händler rutschten sogar in die Pleite. Mit Thomas Bernau kam neue Hoffnung auf, und die Öffentlichkeit glaubte an schnelle Lösungen für den Vorzeigebau. Der Bueraner Unternehmer stellte sehr schnell fest, dass die geplante Vermietung mit hochwertiger Gastronomie durch bestehendes Baurecht nicht möglich war. Es war sein Fehler, die rechtliche Lage zu Beginn nicht genau geprüft zu haben. Obwohl in der Halle nur 20% Gastronomie gestattet war, hat die Verwaltung in der Vergangenheit immer mehr Konzessionen für Cafés, Bars und Restaurants vergeben. Die beteiligten Abteilungen haben scheinbar aneinander vorbei gearbeitet und geltendes Recht nicht beachtet.
Somit blieb nur der Weg, den aktuellen Bebauungsplan zu beachten und die genehmigten 80% Einzelhandel anzustreben. Doch kurz bevor dazu der erste Mietvertrag mit dem Ankermieter TEDi unterzeichnet wurde, änderte die Bezirksvertretung 1. Juni 2017 auf Antrag der Verwaltung den Bebauungsplan, was auch diese Lösung ausschließt. Die Stadt setzt auf „marktaffine Sortimente und Gastronomie“ – ein Konzept, das schon einmal gescheitert ist. Außerdem soll auch die ausschließliche Nutzung durch Gastronomie möglich sein.
Seit 2014 hat es immer wieder erfolglose Gespräche zwischen dem Investor und der Verwaltung gegeben. Der Umgang mit den notwendigen Stellplätzen ist dabei nur ein Streitpunkt. Thomas Bernau muss für die gastronomische Nutzung etwa 90 Parkplätze nachweisen, was kaum möglich ist. Die Stadt hat eine Reduzierung von 70% angeboten, aber nach der Landesbauordnung von Nordrhein-Westfalen ist nur ein Verzicht von 30% erlaubt. So würde eine unklare Rechtssituation entstehen.
Seit dem 1. Januar 2017 besteht die Möglichkeit, dass die Städte in NRW die Richtzahlen für Stellplätze selber festlegen können. Dafür muss allerdings eine eigene Satzung für die Vergabe entwickelt werden – davon ist in Gelsenkirchen bisher noch nichts zu sehen. Thomas Bernau hat über sein Planungsbüro der Stadt angeboten, ein städtisches Grundstück hinter dem Kunstmuseum zu erwerben und dort ein Parkhaus zu bauen. Der Standort ist schon seit Jahren ein Thema, aber das Leibniz-Gymnasium müsste dafür einen kleinen Streifen des Schulhofs abgeben. Im Gespräch war dort ein Parkhaus mit drei Ebenen und 75 Parkplätzen.
Anne Schürmann von der FDP hat das im Juni wieder auf die Tagesordnung der Bezirksvertretung-Nord setzen lassen: „Ich mache mir Sorgen um die Attraktivität der Innenstadt, nachdem Parkplätze an der Kulturmeile und im Umfeld des Busbahnhofs bereits weggefallen sind und demnächst auch am alten Amtsgericht entfallen werden“. Eine Antwort der Verwaltung hat sie nicht bekommen. Das Referat Verkehr will die Ergebnisse des in Auftrag gegebenen integrierten Entwicklungskonzeptes abwarten. Damit ist allerdings erst Anfang 2018 zu rechnen.
Die Verwaltung macht den Leerstand der Markthalle für die negativen Entwicklungen auf dem Wochenmarkt verantwortlich: „Durch den inzwischen mehrjährigen Leerstand der Markthalle und die damit einhergehenden Verwahrlosungstendenzen am Gebäude droht Buer sein Alleinstellungsmerkmal Markthalle zu verlieren“, heißt es in einer Stellungnahme aus der Abteilung von Stadtbaurat Martin Harter. „Die von Bauzäunen umgebene Markthalle liegt zentral an einem Hauptzugang zum Einkaufsbereich Hochstraße, gut sichtbar von der De-la-Chevallerie-Straße her und wirkt sich negativ auf das städtebauliche Erscheinungsbild in diesem sensiblen Bereich aus. So leidet nach Aussagen von Gelsendienste der Wochenmarkt quantitativ und qualitativ durch das Ausbleiben von Markthändlern und die Beeinträchtigung der Marktatmosphäre“. Über die Zahl der Stände auf dem Markt in den letzten Jahren und die Höhe der Einnahmen über Standgebühren gibt die Stadt bisher – trotz mehrfachen Nachfragens – keine Auskunft.
Medialer Höhepunkt in der Auseinandersetzung ist ein WAZ-Artikel vom 12. Juni 2017 mit der Überschrift „Gesucht wird: zukunftsfähige Lösung für Markthalle“. Hier wird in aller Breite die Position der SPD-Ratsfraktion zur aktuellen Lage der Markthalle wiedergegeben. Der Fraktionsvorsitzende Klaus Haertel spricht sich gegen „Einzelhandel im niedrigen Segment“ aus, gegen „Ein-Euro-Läden wie TEDi oder KiK“ und fordert eine „marktaffine Nutzung“. Es kommt die SPD-Stadtverordnete Sandra Latzke zu Wort, und Klemens Wittebur, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Buer-Mitte, lehnt eine Spielhalle am Standort ab und lobt die flexible Haltung der Stadtverwaltung. Was sich wie eine Presserklärung der Sozialdemokratie liest, ist auch eine. Die Mehrheitsfraktion hat das Statement an die Redaktion der WAZ geschickt, und es wurde ohne Hinweis auf die Herkunft abgedruckt.
Einen weiteren Leerstand über Jahre kann sich die Stadt nicht leisten. Warum TEDi in Gelsenkirchen als „guter“ und in Buer als „böser Discounter“ gesehen wird, bleibt das Geheimnis der SPD. Der Niedergang der Stadt hat inzwischen auch den ehemals attraktiven Standort Buer erreicht, und die Ansiedlung neuer Unternehmen wird schwieriger. Der Stadt Gelsenkirchen droht eine Klage auf Schadensersatz durch Thomas Bernau. Es zeichnet sich ein langjähriger Leerstand der Markthalle ab, der für die Bürger noch ziemlich teuer werden kann. Eine endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen. Nach der Bezirksvertretung und dem Stadtentwicklungs- und Planungsausschuss wird am 13. Juli der Rat der Stadt darüber abstimmen.