von Astrid Becker
Das Jahr 2020 ist gelaufen, nicht nur kalendarisch. Dies trifft insbesondere Vereine und die darin Aktiven und Tätigen sowie ihre Schützlinge mit besonderer Härte, leben sie doch vom aktiven Miteinander, vom engen und regelmäßigen Kontakt, von Planungen und Räumlichkeiten, Festivitäten und vielem, was derzeit ganz und gar undenkbar ist. Wie genau es derzeit läuft oder eben auch nicht, diese Frage stellte die isso. fünf per Zufall ausgewählten Vereinen. Nicht alle antworteten, so dass wir die Leselernhelfer*innen und das Mädchenzentrum als zwei Vereine nachrücken ließen, welche die hoch problematische Seite der Corona-Zeit für gesellschaftlich benachteiligte Kinder sowie Mädchen und junge Frauen aus ihrer Sicht schildern.
Wir danken den hier vorgestellten, aber auch allen anderen Vereinen für ihre Arbeit und wünschen für 2021 ein herzliches GlückAuf!
KG Piccolo 1951 e.V.
Ihr Verein kommt wie durch die Krise?
In Zeiten von Corona ist es natürlich schwierig, das Vereinsleben aufrechtzuhalten. Es gab keine Versammlungen, keine gemeinsamen Treffen, keine Planung der Veranstaltungen, kaum Training. Unsere Vereinsmitglieder vermissen diese Treffen und generell die herzliche familiäre Atmosphäre. Am 11.11. hätten wir gemeinsam mit den sieben weiteren Gelsenkirchener Vereinen die neue Session eingeläutet, und da blutet natürlich das Herz eines*r jeden Karnevalisten*in.
… fährt ein Alternativprogramm?
In dieser schwierigen Zeit ist der Austausch mit unseren Mitgliedern enorm wichtig. Hauptsächlich kommunizieren wir via WhatsApp in den unterschiedlichen Gruppen (Mitglieder & Tanzgarden). Darüber hinaus wird auch weiterhin viel telefoniert.
Damit man sich nicht völlig aus den Augen verliert, fand das Training der Garden via Video-Chat statt. Zusätzlich wurden aufgezeichnete Videos mit der aktuellen Choreographie den Tänzerinnen und Tänzern der Garden zur Verfügung gestellt.
Am 11.11. hatten wir um 19:11 Uhr einen Video-Chat mit unseren Mitgliedern und Tänzerinnen und Tänzern. Es wurde viel gequatscht und gelacht. Zudem gab es noch ein Video mit den schönsten Fotos aus der vergangenen Session.
… hat Hoffnungen
und Ängste?
Dass der Impfstoff schnellstmöglich auf den Markt kommt und sich das Infektionsgeschehen in Gelsenkirchen minimiert, so dass schnellstmöglich alle Gelsenkirchener Närrinnen und Narren wieder Karneval feiern können. Zudem hoffen wir, dass alle „Piccolos“ gesund durch diese Zeit kommen. Die Zukunft bleibt weiterhin ungewiss, das bereitet uns natürlich Angst. Aktuell können wir alle nur abwarten und hoffen.
Ihr Wunsch und Bitten an die Lokalpolitik?
Es ist schwierig, einen Wunsch an die Lokalpolitik zu äußern. Leider können wir nicht in die Glaskugel schauen, wir müssen abwarten und hoffen, dass sich alle Gelsenkirchener Bürger*innen an die Hygienemaßnahmen halten, nur so besteht die Möglichkeit, irgendwann wieder gemeinsam zu feiern.
www.kgpiccolo-gelsenkirchen.de
Alpenverein
Ihr Verein kommt wie durch die Krise?
Momentan ist unsere Kletteranlage im Nordsternpark wie alle öffentlichen Sportstätten geschlossen, ebenso können keine anderweitigen Vereinsaktivitäten stattfinden.
… fährt ein Alternativprogramm?
Zwischenzeitlich hatten wir mit einem entsprechenden Hygienekonzept unsere Anlage im Sommer öffnen können. Mit Hilfe ehrenamtlicher Trainer, die sich bereit erklärt haben, Aufsichten zu übernehmen, konnten Zeitfenster für unsere Kletterer angeboten werden. Diese mussten sich anders als sonst, verbindlich zu bestimmten, eingeschränkten Terminen über unsere Webseite anmelden. Es konnten im Freien die Abstände und Hygieneregeln problemlos eingehalten werden. Auch unsere Wandergruppe hat mit Abstand Wanderungen durchgeführt. Die Kindergruppe musste leider pausieren, da die Kleinen beim Klettern die Abstände nicht verlässlich einhalten können. Die Jugendgruppe hat sich das ein oder andere Mal mit Abstand getroffen. Bei allen Aktivtäten konnten unsere Sportler mit einem guten und sicheren Gefühl dabei sein, da wir immer an der frischen Luft sind.
… hat Hoffnungen und Ängste?
Wir hoffen, dass im Frühjahr die Corona-Fallzahlen es erlauben, die Kletter- und Wandersaison wieder zu starten.
www.alpenverein-gelsenkirchen.de
Golfclub Haus Leythe e.V.
hr Verein kommt wie durch die Krise?
Der Golfclub Haus Leythe zählt zu den schönsten und gepflegtesten Golfplätzen im Ruhrgebiet. Die Anlage besticht durch ihren alten Baumbestand, vielfältige Biotop-Strukturen und parkähnlichen Charakter. Wir haben derzeit ca. 750 Mitglieder und bieten herausfordernde Löcher und trickreiche Grüns. Die unterschiedlichen Mitglieder, von Jung bis Alt, von Spitzensportler bis Hobbygolfer, prägen gleichermaßen den sportlichen wie gesellschaftlichen Charakter des Clubs.
Aufgrund der aktuellen Covid 19-Lage sind einige der Turniere bedauerlicherweise ausgefallen. Auch der Lockdown im Frühjahr führte zur Schließung der Golfanlage.
Im Lockdown wurden sowohl Hygiene- als auch unterschiedliche Spielkonzepte (z.B. Einführung von Startzeiten) geplant, um bei einer möglichen Lockerung den Golfspielern schnell wieder ein sicheres Spielumfeld zu ermöglichen. Aufgrund der guten Vorbereitung war der Golfclub in der Lage, als erster Golfplatz im Umkreis nach der Lockerung wieder den Spielbetrieb aufzunehmen.
… fährt ein Alternativprogramm?
Trotz der Herausforderung ist es dem Golfclub Haus Leythe in diesem Jahr gelungen, die eigene Jugendabteilung wieder zu aktivieren. Gestartet wurde mit regelmäßigen Trainingseinheiten, Golfcamps und einen eigenem Jugendturnier. Die Jugendabteilung erfährt immer mehr Zuwachs und hat in 2020 einen Jugend-Clubmeister feiern können.
Der Golfsport ist im Trend, das merkt der Verein nicht nur bei den Youngstars sondern auch beim starken Anstieg der Gesamtmitglieder.
Darüber hinaus freut sich der Verein über den guten Start der neuaufgelegten Golfakademie. Die Golfakademie bietet die Möglichkeit für jeden Golfinteressierten einfach und ohne große Verpflichtung zu schnuppern.
Mentor e.V.
Ihr Verein kommt wie durch diese Zeit?
Wir haben uns mit dem Mentor-Leselern-Prinzip der Förderung bildungsbenachteiligter Kinder verschrieben. Die Grundidee und der Erfolg unseres Programms leben in ganz besonderer Weise von den Wirkungen der persönlichen Begegnung und der fürsorglichen Zuwendung. Leselern-Mentoren sind für die Kinder Bezugsperson, die ihnen helfen, ihre Stärken, Kompetenzen und Talente kennenzulernen, anzuwenden und auszubauen.
Die Aktivitäten in den Schulen sind mit Corona und den Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie natürlich zurückgegangen. Wir waren optimistisch, nach den Sommerferien das Mentorenprogramm mit einem abgestimmten Hygienekonzept wiederaufzunehmen. Doch letztlich war die Pandemie stärker. Wir haben jegliches Verständnis, wenn die Schulen nun in erster Linie versuchen, den Betrieb organisatorisch so gut wie es unter den aktuellen Bedingungen eben geht, aufrechtzuerhalten. Und viele Leselern-Mentoren, die zumeist altersbedingt zur Risikogruppe gehören, warten sehnlichst darauf, ihre Lesefreundschaften in der Schule wieder fortsetzen zu können.
… fährt ein Alternativprogramm?
Die Pandemie hat uns in einem Moment des Neuaufbruchs ausgebremst: Einzug in die Geschäftsstelle, frisch gewählter Vorstand und viele gute neue Ideen. Jetzt müssen wir uns nicht neu erfinden, aber doch etwas Geduld aufbringen. Derzeit kann die Kommunikation nur sehr eingeschränkt stattfinden. Veranstaltungen für und mit den Mentoren liegen erstmal auf Eis. Auch mit der Einführung neuer Mentoren müssen wir uns zurückhalten.
Natürlich denken wir auch an kreative und digitale Möglichkeiten für die Leseförderung. Solche neuen Konzepte brauchen aber ihre Zeit. Die Kinder, die sich mal eben in eine Zoom-Sitzung für eine Lesestunde einwählen, die bräuchten wohl keinen Mentor.
Generell wollen wir aber nachhaltig wirken, und halten an unserem Konzept, das auf der persönlichen 1-1-Beziehung basiert, fest.
… hat Hoffnungen und Ängste?
Um unseren Verein mache ich mir keine Sorgen. Denn unser Förderansatz wird gerade „nach Corona“ mehr benötigt denn je. Und da sind wir schon bei den Sorgen, die uns wirklich umtreiben. Denn die Kinder, die unsere Förderung benötigen, verlieren durch die schulischen Corona-Einschränkungen mehr als nur etwas Unterrichtsstoff.
Wie etwa die Iglu-Studien immer wieder aufzeigen, hat die Chancenungleichheit in den letzten Jahren weiter zugenommen. Gerade grundlegende Kompetenzen wie Lesevermögen, Textverständnis und sprachliche Ausdrucksfähigkeiten von Kindern im Grundschulalter hängen in Deutschland stark vom Elternhaus ab. Verkürzt dargestellt lesen Kinder, deren Eltern Bücher zu Hause haben, signifikant besser. Dies bedeutet ja auch, dass sie zuhause Anregung und Platz haben – ideell wie räumlich. Ihr Lesevorsprung beträgt ein ganzes Lernjahr. Ein derart früher Vorsprung wirkt sich schon in normalen Zeiten nachweislich auf die gesamte Bildungsbiografie aus.
Dieses Jahr mit sehr eingeschränkten Unterrichts- und Fördermöglichkeiten wird für bildungsbenachteiligte Kinder aber ganz schlimme Folgen für ihren weiteren Werdegang haben. Je länger die Corona-Einschränkungen andauern, desto mehr wird die Corona-Krise für wirtschaftlich schwache Kinder mit geringen Bildungschancen zu einem Lebensdrama.
Ihr Wunsch und Bitten an die Lokal-Politik
Speziell die lokale Politik kann auf das nationale Pandemiemanagement wohl nur wenig Einfluss nehmen. Mein Appell richtet sich daher eher an die überörtliche Politik und die gesellschaftliche Öffentlichkeit. Hier wird zu Recht über die vielen Probleme durch die Pandemie diskutiert, die derzeit etwa Gastronomie, Heimbewohner oder auch Fußballvereine erleiden. Wir sollten aber auch schauen, wie wir die Lebenskrisen wirtschaftlich schwacher Kinder abwenden können, die sich durch Corona abzeichnen.
Mädchenzentrum e.V.
Ihr Verein kommt wie durch diese Zeit?
Durch die Corona-Pandemie hat sich unsere Arbeit verändert. Einzelberatungen führen wir jetzt wieder durch. Mit Abstand und Maske.
Das Mädchenzentrum betreibt seit 30 Jahren eine Beratungsstelle für Mädchen und ihre Kontaktpersonen. Neben der Einzelberatung für Mädchen in Krisensituationen bieten wir Präventionsveranstaltungen und Sexualaufklärung an Schulen in Gelsenkirchen an. Ein Baustein ist das „Elternpraktikum“, in dem Jugendliche mit einem Babysimulator Elternschaft erproben.
Es gibt ein „Mobiles Mädchenzentrum“, das zu den Mädchen an Schulen fährt und geschlechtsspezifische Angebote durchführt.
Die „Mädchen Musik Akademie!“ bietet Mädchen die Möglichkeit, ein Instrument zu erlernen, eine Band zu gründen, oder sich im Gesang zu erproben. Sie bietet regelmäßige Fachtagungen für Mädchen und junge Musikerinnen an.
… fährt ein Alternativprogramm?
Um mit den Mädchen auch während des Lockdown in Verbindung zu bleiben, haben wir ein Plakat mit unseren Kontaktdaten und unseren Kooperationspartnern entwickelt und an alle Schulen und Jugend-Einrichtungen verschickt. Eine neue Handynummer wurde eingerichtet, damit sich die Mädchen per WhatsApp oder telefonisch melden können. Zusätzlich beraten wir per E-Mail. Die Mädchen-Musik-Akademie bietet Onlineseminare an, und das „Mobile Mädchenzentrum“ hat Online-Kreativangebote vorgestellt. In den Ferien gab es ein kleines Angebot für Mädchen zum Thema „Freundschaft”.
… hat Hoffnungen und Ängste?
Unsere Befürchtungen haben sich bestätigt. Im Lockdown wurden mehr Mädchen von Gewalt betroffen. Sexuelle Übergriffe nahmen zu. Auch die Angst um Angehörige und ihre Zukunft waren häufig Gegenstand der Beratung. Im Moment nehmen verstärkt Lehrer*Innen und Schulsozialarbeiter*Innen Kontakt zu uns auf, die sich Sorgen um ihre Schülerinnen machen.
Ihr Wunsch und Bitten an die Lokal-Politik
Von der Politik wünschen wir uns, dass sie sich weiterhin für die Finanzierung einsetzt und uns unterstützt.