Wohin geht die vernetzte Stadt?

Im Gespräch mit Prof. Dr. Frank Eckardt – Ein Interview von Michael Voregger

Die lokale Politik setzt in Gelsenkirchen auf Digitalisierung und Vernetzung. Kann die Entwicklung einer „smart city“ oder einer „connected city“ einen Beitrag zur Lösung der sozialen Probleme leisten?

Angebote für Bürger, die die digitalen Kommunikationsmittel nutzen, können vielen Menschen das Leben erleichtern. Etwa wenn unnötige Zeit für Behördengänge vermieden werden kann. Auch können die Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten zu Themen der Bildung und Arbeit verbessert werden. Dadurch dass die Stadt informativ vernetzt wird, entsteht auch für Außenstehende, etwa Investoren, ein besseres Bild von der Stadt. Das sind potentiell erst einmal positive Effekte. Die Ursachen von sozialen Problemen – etwa strukturelle Arbeitslosigkeit – lösen sie aber nicht.

Wie wichtig ist es den Akteuren, dass die ganze Bevölkerung eingebunden ist, und ist das überhaupt vorgesehen?

Das kann man unterschiedlich gestalten, und viele Städte investieren viel Zeit und Ressourcen, um über eGovernance Partizipation zu ermöglichen oder zu verbessern. Nicht alle Bereiche eignen sich für solche Partizipationsformen, vor allem muss man darauf achten, dass dadurch nicht Menschen, die nicht online teilnehmen können, ausgeschlossen werden.

Warum beteiligen sich Weltkonzerne wie Huawei auf kommunaler Ebene an so einem Projekt?

Aus mehreren Gründen. Manche Konzerne wollen sich als Anbieter profilieren und ein gutes Image im Allgemeinen schaffen. Sicherlich wollen manche Konzerne auch einfach verhindern, dass Konkurrenten potentielle Klienten auf diese Weise gewinnen. Man kann auch davon ausgehen, dass es einen infrastrukturellen Vorteil gibt, dass die Kommunen durch die freie Installierung von Software bestimmte Abhängigkeiten eingehen.

Welche Auswirkungen hat eine „connected city“ auf die Stadtplanung der Zukunft und die Zusammensetzung der Bevölkerung?

Der Einfluss wird eventuell überschätzt, weil in den Städten ja nicht alles nur noch digital ablaufen wird. Dessen ungeachtet kann es sein, dass Investitionen für die digitale Infrastruktur plötzlich eine Präferenz bekommen, weil sich ungeplante Folgekosten etwa für die Sicherheit ergeben, die jetzt nicht absehbar sind. Das kann dann zufolge haben, dass andere soziale Kosten nicht zu leisten sind.

Die aktuelle Debatte um facebook zeigt, dass die großen Player in der digitalen Welt ein Problem für demokratische Gesellschaften sind. Wie können solche Konzerne kontrolliert und eingebunden werden?

Facebook kann sich nicht selbst kontrollieren. Vereinbarungen mit solchen Unternehmen erfordern ein professionelles Management, das Kommunen überfordert. Deshalb sollte die Bundesregierung eine Rolle übernehmen, die zur Not auch rechtliche Maßnahmen gegen Facebook und Co. durchsetzen kann. Städte sollten sich auf keinen Fall bilateral über Public/Private Partnerships einlassen.

Die Entwicklung dieses Modells setzt auf Technologie und Big Data. Wie ist das mit einer lebenswerten Stadt zu kombinieren?

Man verbindet dies bereits mit anspruchsvoller Energieversorgungsinfrastruktur. Dabei geht man natürlich Risiken ein, die mit Big Data verbunden sind. Auch Sicherheitstechnologien werden mit Big Data verbunden. Inzwischen wächst allerdings auch die Einsicht, dass duale Strukturen nötig sind, die auch analoge Versorgungen gewährleisten. Sicherlich kann man auf Energie-Einsparungen setzen und etwa den öffentlichen Raum besser gestalten. Spielerische oder kommunikative Elemente kann man durch eine Big Data-Verbindung ebenfalls attraktiver machen. Der Nutzen von Big Data wird für die digital natives aber immer grösser sein als für Menschen, die analoge Angebote brauchen. Auch wenn Robotersysteme etwa im ÖPNV allen zugute kommen können.

Sind die Regionen und Städte mit sozialen Problemen ein leichtes Opfer für die Konzerne?

Ja leider. Man kann das an dem Bieter-Wettbewerb für das neue Headquarter von Amazon verfolgen, wo die schwachen Städte über ihre Grenzen gegangen sind, in der vagen Hoffnung darauf, dass sich die Vorleistungen und Investitionen lohnen werden.

Wie kann die Beteiligung der Bevölkerung in der smarten Stadt organisiert werden?

Über die Handy-Nutzung. Die Stadt Wien bemüht sich um solche Partizipationsformen bereits bei einigen Planungsprojekten in Nachbarschaften mit einem hohen Handy-Gebrauch. Homepage-Angebote scheinen wesentlich selektiver zu sein und nur von wenigen BürgerInnen genutzt zu werden.

 

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