Ein Hörtipp von Tobias Hauswurz
Wenn Matt Berninger im dunklen Anzug auf der Bühne steht, wirkt er immer ein wenig unsicher. In sich gekehrt, verschüchtert, im Tunnel – bis sich dann und wann plötzlich ein Schalter umlegt und die Emotionen aus ihm herausbrechen. Schwermut und Euphorie liegen selten so nah beieinander wie bei The National, deren launischer Sänger Berninger ist und mit denen er seit mehr als 15 Jahren Musik macht. Mit die beste, die die Indieszene New Yorks seit der Jahrtausendwende hervorgebracht hat. Im letzten Jahr veröffentlicht Matt Berninger zusammen mit seinem Freund Brent Knopf (Menomena, Ramona Falls) unter dem Namen El Vy (ausgesprochen wie ein Plural von Elvis) das Album „Return To The Moon“. Eigentlich sollte es hier also gar nicht um The National gehen, doch der Umweg ist unausweichlich.
Die Ideen zu den elf Songs entstehen nämlich auf Tour: Wenn Matt Berningers Gehirnsäfte bei einem Konzert mal wieder überschäumen, zieht er sich danach oft in die Stille und Dunkelheit des Tourbusses zurück, arbeitet an Texten und Songideen. Auch Knopf entwickelt Melodien, Arrangements und Instrumentalstücke. Im Email-Austausch entsteht so über die Jahre ein Ordner mit dem Titel „The Moon“, der wächst und wächst. Bis Knopf und Berninger im letzten Jahr endlich die Zeit finden, aus Ideen ein Album zu machen. Herausgekommen ist etwas schräge Popmusik, die erstaunlich leicht daher kommt. Erstaunlich deshalb, weil wohl niemand vermutet hätte, dass sich Berningers Bariton im Umfeld von spitzen Gitarren à la Johnny Marr und Handclaps wohl fühlt.
Schon der Opener und Titeltrack beweist das Gegenteil: Mit seinem Umzug von Brooklyn nach Los Angeles scheint Berninger die Leichtigkeit für sich entdeckt zu haben. „Return to the Moon“ klingt wie eine Winterdepression in LA: Alles ist genauso traurig wie in New York, nur friert man sich nicht den Arsch ab. Das verspielte „I’m The Man To Be“ bedient sich bei den stampfenden Drums der Talking Heads, das fast kitschige „No Time To Crank The Sun“ leitet hoffentlich die Blütezeit des Männerchores in der Popmusik ein. Bester Song der Platte ist „Need A Friend“, das in den Strophen unauffällig groovt um im Refrain dann umso euphorischer zu werden. Nachdem es in „Happiness, Missouri“ nochmal ordentlich kracht, endet das Album mit dem versöhnlichtraurigem „Careless“, das zur Abwechslung ganz ohne Schnickschnack auskommt.
Wenn die Musik von The National ein edler Rotwein ist – dunkel, schwer und elegant – ist die von El Vy ein leichter kalifornischer Weißwein. „Return to the Moon“ ist kurzweilig, aber nicht anspruchslos. Also immer rein in Kopp!
El Vy
Return To The Moon
4AD / Beggars Group
Erhältlich als CD, Vinyl und Download.