Thomas Schöps lud zum letzten Mal in die Bleckkirche
„Mein Großvater Taugenichts”, die von André Wülfing geschriebene und gesprochene sowie von Michael Em Walter komponierte Spezial-Fassung eines bekannten Textes Joseph von Eichendorffs, beschloss am 22. Dezember 2022, klangvoll, würdig und gut besucht, das Kulturprogramm in der Bleckkirche am Zoo. – Das war’s! Ende aus, Kirchenmaus!
25 Jahre Kulturprogamm, zusammengestellt, organisiert und durchgeführt von Thomas Schöps, evangelischer Pfarrer im Entsendungsdienst der Landeskirche, gingen damit zuende. In Erinnerung bleiben zahllose Abende in Gelsenkirchens vielleicht unverwechselbarstem Kulturort.
Da war zuvörderst die Weltmusik-Reihe „Klangkosmos“, die regionale Strahlkraft hatte. Naher oder Ferner Osten, Afrika, Amerika oder Europa – kaum ein Kulturkreis, der sich in der „Kirche der Kulturen“ nicht musikalisch präsentiert und Begegnungen ermöglicht hätte. Doch genauso war die kleine Kirche (die älteste erhaltene der Stadt!) auch Theaterbühne, Lesesaal und Ausstellungsraum. Nicht zu vergessen sei die Tradition der über Jahre hier gefeierten Künstlerweihnacht. Oder das Projekt „SYNAGOGE · KIRCHE · MOSCHEE – Dialog der Erscheinungen”, als 2010 plötzlich drei unterschiedliche Gotteshäuser am Bleck standen. Schöps schloss von vornherein kein Format aus, so dass hier sogar – für Kirche höchst ungewöhnlich – politische Parteien zu ihren Neujahrsempfängen einladen durften. Schöps‘ Überzeugung: Der sakrale Raum sei stark und halte alles aus. Und der blieb neben all dem stets auch ein funktionsfähiges Gotteshaus, in dem geheiratet und getauft wurde. Kirche müsse identifizierbar bleiben, so der Pfarrer.
Doch wie fing es eigentlich an? – Mitte der 1990er Jahre wurde Schöps, damals Dozent und Studierendenpfarrer an der FH Gelsenkirchen, von seinem Superintendenten angesprochen, er solle sich doch mal ein Konzept für ein stadtkirchliches Projekt in der Bleckkirche ausdenken. Schöps ließ sich nicht lange bitten und konzipierte die Ausstellung „Liebe, Lust und Leidenschaft“. Die erwies sich aus dem Stand als Knaller, wurden hier doch zwischen Kirchenmauern nicht nur ein paar richtige Nacktbilder gezeigt, sondern auch über die Fragestellung der gleichgeschlechtlichen Ehe diskutiert. Was folgte, ist Geschichte.
Bei seinem Brotgeber anecken würde Schöps im Laufe der nächsten 25 Jahre übrigens noch des Öfteren. Es ist noch keine fünf Jahre her, dass er direkt vor der Kirche ein Großplakat mit einem Zitat des notorischen Religionsgegners Karl Marx aufstellte. Die eigene Meinung ließ Schöps sich nie verbieten, entsprechend frostig wurde im Laufe der Zeit das Verhältnis zu den direkten kirchlichen Vorgesetzten.
Und so war auch beim isso.-Interview in der Dezember-Ausgabe 2017 bereits relativ klar, dass mit Schöps‘ Eintritt in den Ruhestand das Kulturprogramm in der Bleckkirche enden würde. Wenngleich er auch bezeiten ein Konzept für eine Fortführung erarbeitet und vorgelegt hat, ist im Augenblick davon auszugehen, dass sich die Pforte der kleinen Kirche, die als Baudenkmal im Übrigen unter einem gewissen Sanierungsstau leidet, bis auf Weiteres erst einmal schließen wird.
So bleibt an dieser Stelle vorerst nur, Thomas Schöps für 25 Jahre Arbeit an und mit der Kultur zu danken und ihm für die kommenden Jahre Ruhe, Muße und das eine oder andere Glas guten Weines zu wünschen. Glück auf!
Ein Schlusswort findet sich auch auf: www.bleckkirche.info