Markus Kiefer und Joshi Klein haben zwei spannende Projekte in der Pipeline
Ein Interview von Alexander Welp
Als freier Theaterschauspieler zählt Markus Kiefer schon seit mehreren Jahrzehnten im Ruhrgebiet zu den festen Größen der Szene. Neben vielen Solostücken und einigen Engagements an diversen Stadttheatern begeistert der Gelsenkirchener Künstler auch regelmäßig die jüngsten Theaterfans. Kinderstücke mit viel Liebe zum Detail und großer Spielfreude gehören schon seit geraumer Zeit zu Kiefers festem Repertoire.
Sobald sich die roten Vorhänge der Theater nach dem Lockdown wieder öffnen, steht mit „Die kleine Hexe“ auch schon das nächste Projekt vor der Tür. Zusammen mit Regisseur Joshi Klein gibt Kiefer einige spannende Einblicke zur kommenden Produktion und berichtet zudem über einen geplanten Auftritt im Stil von Joseph Beuys, der am 12. Mai seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte.
Zum Start eine Frage zum leidigen Thema Corona: Mittlerweile leben wir über ein Jahr in der Pandemie. Ein Jahr fast komplett ohne Theater – wie seid ihr bisher durch die Krise gekommen?
Markus Kiefer: An sich relativ gut. Manchmal war ich natürlich etwas faul und träge – aber das bin ich auch ohne Corona! (lacht) Ich habe viel Zeit mit langen Spaziergänge und der Arbeit an abstrakten Gemälden verbracht. Als es im letzten Jahr losging, habe ich gerade für Zahra Leander geprobt („Ich bin nicht die Leander – Markus Kiefer spielt und singt Zahra“, musste im April 2020 abgesagt werden; Anm. d. Red.). Die Premiere dazu konnte dann leider erst im September stattfinden, und dann auch nur eine Vorstellung unter erschwerten Bedingungen.
Diese Bedingungen blieben leider nicht aus. Das Theater Rottstraße 5 in Bochum konnte seine Stücke zur gleichen Zeit auch nur mit einer Trennwand vor dem Publikum auf die Bühne bringen.
MK: Mit so einer Plexi-Wand würde ich nicht spielen!
Warum?
MK: Das macht doch keinen Spaß! Da fehlt doch vollkommen die Nähe zu den Zuschauern – das wäre nichts für mich.
Joshi Klein: Bei dem Auftritt durften zudem nur 30 Leute in die Kellerbar – dementsprechend steril war dann natürlich auch die Stimmung. Normalerweise geht Markus ja als Diva in den Zuschauerraum und setzt sich auch mal auf einen Schoß. Das ging ja alles gar nicht, und darunter litt dann auf jeden Fall der Charme des Stückes.
Hoffen wir mal, dass es bei kommenden Produktionen wieder anders ablaufen kann. Stichwort kommende Produktion: bei „Die kleine Hexe“ arbeitet ihr das erste Mal als Regisseur und Schauspieler zusammen?
MK: Den Joshi kenne ich bereits seit meiner Jugendzeit. Wir haben auch früher schon gemeinsam Theater gespielt, „Dinner for one“ zum Beispiel.
JK: Und zwar viel früher als alle anderen (lacht). In Köln ist das Stück ja zu einer regelrechten Mode geworden – wir haben das Ding schon vor 30 Jahren gespielt.
MK: An meinem Stück „Herr Klangmann bittet zum Konzert“, das ich zusammen mit Michael Em Walter gespielt habe, hatte Joshi unheimlich viel auszusetzen und zu bemängeln. Daraufhin bot ich ihm an, dass er doch beim nächsten Projekt die Regie übernehmen könne.
JK: Das war tatsächlich so! Ich hatte schon früher immer viel zu nörgeln. Jetzt will Markus wohl sehen, dass ich es besser kann (lacht). Somit wird „Die kleine Hexe“ mein Regiedebüt werden.
War denn von Anfang an klar, dass dieses Stück gespielt wird?
MK: Zunächst wollte ich etwas zusammen mit Jutta Altmaier machen, sie als Bühnenbildnerin, oder mit ihr einen Text umschreiben. In der Bücherei sahen wir uns einige Kinderbücher an, die eventuell infrage kämen. Irgendwann brachte sie dann „Die kleine Hexe“ mit. Es stellte sich aber heraus, dass es gar nicht so einfach ist, das Stück für eine Person umzuschreiben. Theoretisch könnte man mit diesem Stoff 20-30 Rollen auf die Bühne bringen – das wäre dann etwas für das Musiktheater. Ich mache es jetzt aber solo, und auch das ist reizvoll, weil ich mich dadurch ganz anders mit dem Text und den verschiedenen Koordinationen auseinandersetzen muss. Inhaltlich ist der Stoff natürlich auch klasse!
JK: André Wülfing hatte bereits eine Fassung für eine Person geschrieben. Diese Vorlage habe ich nach meinen Ideen und Wünschen verändert und umgeschrieben. Zum Beispiel wird der Schluss in unserer Version anders ausfallen.
Wie liefen denn die ersten Proben im Alfred-Zingler-Haus ab? Gerade für Dich als Regie-Debütant war das doch spannend, oder?
JK: Dadurch, dass ich den Markus schon seit Ewigkeiten kenne, war ich auch vorher schon bei vielen anderen Proben dabei. Von den Profis konnte ich mir da schon einiges abgucken, was ich jetzt nach meinem Gutdünken umsetzen kann. Der Vorteil ist, dass ich diese Version ja auch geschrieben habe und dabei schon ungefähre Vorstellungen im Kopf hatte, wie das später auf der Bühne auszusehen hat. Jetzt muss ich Markus nur dazu bringen, das auch umzusetzen. (lacht)
MK: Bei den Proben ist Joshi voll in der Materie und macht auch gerne mal Aktionen vor. Das nehme ich gerne an und versuche, diese Vorgaben umzusetzen. Tatsächlich ist diese Produktion das anspruchsvollste Theaterstück, was ich seit Jahren gemacht habe!
Wieso?
MK: Allein schon wegen der Koordinierung. Der Wechsel zwischen der Hexe und Abraxas ist schon nicht so einfach – vor allem wegen den unterschiedlichen Stimmlagen. Ich habe schon einige Stücke gespielt, bei denen ich viele Rollen gleichzeitig gespielt habe. Die waren aber alle in meinem Körper. Dieses Mal bin ich ja mit einer Handpuppe auf der Bühne – das ist eine Premiere für mich.
Wie geht man denn die Arbeit mit einer Begleit-Puppe an?
MK: Das ist reine Übungssache. Zunächst ist die Puppe bei den Proben auch noch passiv. Nach und nach kommen dann die Situations- und Stellungswandel hinzu.
JK: Wir sind da auch im Moment noch ein wenig in der Findungsphase. Markus gefällt zum Beispiel nicht, dass er an einer Stelle mit dem Rücken zum Publikum sprechen soll, wenn er die Rolle des Abraxas einnimmt. Da werden wir noch viel ausprobieren müssen. Schön ist aber, dass wir uns gut ergänzen und vernünftig zusammenarbeiten können. Auch das Bühnenbild bauen wir im Duo zusammen. Bemalt wird es dann von Jutta Altmaier.
MK: Wobei ich sagen muss, dass Joshi beim Bau den Großteil übernimmt. Handwerklich ist er sehr begabt. Ich reiche dann vielleicht mal den Hammer an, oder so! (lacht)
„Die kleine Hexe“ wird für Kinder ab 5 Jahren empfohlen. Was macht eigentlich den besonderen Reiz aus, vor Kindern und Jugendlichen Theater zu spielen?
MK: Es macht einfach Spaß! Und Kinder sind total ehrlich. Die geben dir sofort einen mit, wenn du nicht bei der Sache bist. Um Kinder auf der Bühne begeistern zu können und sie wirklich zu erreichen, gehört schon einiges dazu – das ist eine Kunst für sich.
JK: Der Stoff bei unserer Produktion bietet sich auch gut dafür an, dass sich die Kinder mit der Hexe identifizieren können. Die Kinder können sich auf eine pfiffige Hexe freuen, die sich gegen die Obrigkeit auflehnt. Auch das Vorurteil, das Hexen immer böse sein müssen, wollen wir brechen – und das mitanzusehen, wird für die Kinder eine spannende Sache!
Neben „Die kleine Hexe“ ist auch noch ein anderes Projekt in Planung. Dabei soll es um Joseph Beuys gehen – was hat es damit auf sich?
MK: Joseph Beuys war in den 60er und 70er Jahren der bekannteste deutsche Künstler und Professor der Kunstakademie in Düsseldorf. Eigentlich der bekannteste Aktionskünstler im ganzen letzten Jahrhundert. Seine Aktionskunst war häufig ziemlich schräg. Zum Beispiel hat er mal hinter einer Scheibe einem toten Hasen die Kunst erklärt. Mit diesem Hasen lief er dann umher, hat zwischendurch mal die Ohren bewegt. Vorher hatte er sich einen Pott Honig über den Kopf gekippt, sich mit Blattgold beklebt und hat dann einfach diesem Hasen die Kunstwerke erklärt – ganz abgefahren!
Nun, das kann man machen …
JK: Das muss man machen! Er hat das ja nicht für sich und den Hasen gemacht, sondern für die Leute drumherum.
MK: Und anlässlich des 100. Geburtstags von Joseph Beuys will ich seine Gedichte rezitieren – unheimlich schöne und lyrische Texte. Außerdem wollen wir den Charme der 60er und 70er an diesem Abend wieder ein wenig aufleben lassen. Günther Menger wird mich da mit seinen Klanginstrumenten bei den Aktionen unterstützen.
Mit der Geschichte des Hasen im Kopf: Auf was für Aktionen kann man denn gespannt sein?
MK: Zunächst wollte ich einen alten Leichenwagen mieten und damit vor der „werkstatt“ in Buer vorfahren. Komplett nackt, weiß geschminkt und nur mit einem Hut und schwarzen Schuhen wäre ich dann ausgestiegen und hätte mit einem Zollstock die Kunstwerke vermessen. Im Hintergrund hätte dann jemand in ein Megafon geschrien: „Die Vermessung des Nichts! Die Vermessung des Nichts!“ Nun ist die Miete für den Leichenwagen allerdings so hoch, dass wir noch einmal schauen müssen, wie wir das umsetzen.
Was ist für Dich der Anreiz, auch mal solche Aktionen zu bringen?
MK: Stimmt, so etwas habe ich bisher noch nicht gemacht. Früher wäre ich nie darauf gekommen, so eine Performance zu machen. Aber jetzt habe ich Spaß daran, auch solche Sachen auszuprobieren. Gefördert wird das Projekt zudem, wie auch „Die kleine Hexe“, durch eine Kooperation mit dem Referat Kultur der Stadt Gelsenkirchen.
Der Abend wird sozusagen auch eine Art Hommage an Beuys, nicht wahr?
JK: Absolut. Vielen Leuten ist Beuys gar kein Begriff, und sie lassen sich auch nicht wirklich auf ihn ein, wenn man ehrlich ist. Deswegen finde ich es klasse, dass Markus dem Ganzen einen Abend widmen will!
Vorschau:
„Die kleine Hexe“
An einem noch zu findenden Termin im Herbst im
Kulturraum „die flora“, Florastraße 26, 45879 GE-Altstadt
„Kunstperformance – Joseph Beuys-Jubiläum“
An einem noch zu findenden Termin im Herbst in der
„werkstatt“, Hagenstraße 34, 45894 GE-Buer