von Joachim Sombetzki
Die Frage, welche Wirkungen Medien konkret auf die Stadtgesellschaft haben, ist eine, für die es oft Antworten im Bereich von wissenschaftlichen Studien oder im Bereich der Spekulationen gibt. Mit der derzeitigen Behandlung im Kulturausschuss zur Arbeit der Stadtbibliotheken in Gelsenkirchen gibt es ausnahmsweise einen direkten Bezug zu einem Artikel in der isso. Dieser Bezug wurde in der Antwort der Verwaltung zur Sitzung am 25. Januar 2023 auf eine Anfrage einer Vertreterin einer Ratsfraktion öffentlich.
In der aktuellen Mitteilungsvorlage der Verwaltung – Herr Rostek – mit der sperrigen Zuweisung (20-25/4128) wird das konkrete Anliegen im Betreff deutlich: „Anfrage der sachkundigen Bürgerin Frau Irem Yagcioglu – Sonntagsöffnung von Bibliotheken / Bibliotheksentwicklungsplan“. Inhaltlich wird auf die Anfrage – mit seinem Bezug zum isso.-Artikel – konkret wie folgt eingegangen, wenn es in der Vorlage der Verwaltung heißt:
„Wir beziehen uns auf einen Artikel der isso. vom Februar 2022 mit der Überschrift „…und sonntags in die Stadtbücherei?“ Hier wird neben der Frage der Sonntagsöffnung auch die Frage nach einem Bibliotheksentwicklungsplan gestellt.
Hierzu möchten wir wissen:
(…)
6) Ist es zutreffend, dass die Verwaltung, wie Sie gegenüber der isso. kommuniziert hat, mittelfristig einen Bibiothekenentwicklungsplan einführen/erstellen möchte?“ 1
Mit dem nunmehr bekannt gewordenen Sachverhalt wurde nebenbei auch deutlich, dass die Bedeutung und der Umgang mit der Öffentlichkeit seitens der Verwaltung über ein träge gehandhabtes Erstellen und Einpflegen von Informationen in das Ratsinformationssystem durchaus seine demokratischen Tücken und Lücken hat. Denn die Anfrage, die die Verwaltung vorliegend beantwortet, soll bereits am 23. November 2022 gestellt worden sein, taucht aber im Ratsinformationssystem nicht auf. Da das Protokoll zu dieser Sitzung noch nicht gefertigt, und somit nicht veröffentlicht ist, ist die örtliche Protokollpraxis im Rathaus für die Medienarbeit grundsätzlich ein echtes (demokratisches) Problem. Denn Medien haben in der Demokratie den Verfassungsrang einer Vierten Gewalt im Staate, mit der Funktionszuweisung das staatliche Handeln kritisch zu begleiten, um es zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit aufzubereiten.
Im vorliegenden Fall spielt das Manko der späten Protokollerstellung glücklicherweise für die Öffentlichkeitsbeteiligung keine so große Rolle. Natürlich wäre eine frühere Information der Themen, die in den Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse behandelt werden, wünschenswert. Zumal die Verwaltungsvorlage am 22.12.2022 erstellt wurde. Eine dahingehende Kritik für eine sofortige Info im Ratsinformationssystem kratzt am Image der Stadt Gelsenkirchen als digitale Modellkommune. Derartige Neuerungen im Bereich des Digitalen müssen aber wohl als Zukunftsmusik apostrophiert werden. Denn: Obwohl es bereits Städte im Land gibt, wie z.B. die Stadt Leverkusen, die eine Ergebniserfassung in ihrem Ratsinformationssystem direkt aus den Rats- und Ausschusssitzungen heraus hinbekommen, dürfte dergleichen für Gelsenkirchen in absehbarer Zeit unvorstellbar sein. Was erklärtermaßen nicht an den technischen Möglichkeiten, sondern, infolge des technisch durchaus Machbaren, wenig spekulativ im Bereich des politischen Unwillens der Verwaltung liegt.
Aber immerhin. Durch die aktuelle Antwort der Verwaltung auf die Anfrage wurde das Anliegen für die Öffentlichkeit durchaus zeitnah publik. Das konnte im Fall der Anfrage zur Öffentlichkeit im Rechnungsprüfungsausschuss seitens der GRÜNEN-Fraktion, die sich über Monate und Jahre hinzog, auch schon anders beobachtet werden. Also ist ein Fortschritt in Gelsenkirchen zu erkennen. Die vorliegend zeitnahe Beantwortung ist ein echter Glücksfall. Könnte aber auch darauf hindeuten, dass die in der isso. geäußerte Kritik an der Verwaltung im „Rechnungsprüfungsfall“ – in der Reihe „Die Gefahr von Öffentlichkeit“ – mittlerweile Früchte trägt. Womit wir jedoch im Bereich der Spekulation wären.
Das Beispiel zeigt, dass Medienberichte im Rathaus zu positiven Veränderungen führen können. Leider ist die aktuell immer noch unbeantwortete Antwort der Verwaltung auf die isso.-Anfrage zur Funktionsweise der Korruptionsbekämpfung und Korruptionsprävention, in der Ausgabe von September 20222 das Gegenbeispiel einer nicht funktionierenden Demokratie in einer Stadt, in der Presseanfragen auch schon mal ignoriert werden. Ein gesonderter Artikel in der isso. beleuchtet die Auswirkungen eines das Demokratieprinzip und die Pressefreiheit verletzenden Handelns der Verwaltung durch Unterlassen auf den demokratischen Willensbildungsprozess in und für die Stadtgesellschaft näher.
1) Anm.: Hervorhebungen durch den Autor/ 2) „Die Gefahr von Öffentlichkeit IV“, isso. #82, September 2022, S. 28-29
Die Fragen der sachkundigen Bürgerin Frau Irem Yagcioglu zum Thema
„Sonntagsöffnung von Bibliotheken / Bibliotheksentwicklungsplan“…
… sowie die Antworten der Verwaltung darauf.
In der Sitzung des Ausschusses für Kultur, Tourismus und urbane Szene am 23. November 2022 wurde unter TOP 7 folgende Anfrage gestellt:
Wir beziehen uns auf einen Artikel der Isso vom Februar 2022 mit der Überschrift „…und sonntags in die Stadtbücherei?“. Hier wird neben der Frage der Sonntagsöffnung auch die Frage nach einem Bibliotheksentwicklunsgplans gestellt.
Hierzu möchten wir wissen:
1) Besteht die Möglichkeit Bibliotheken sonntags zu öffnen?
Grundsätzlich ja; die Thematik wird nach Wiederbesetzung der Leitungsstelle der Stadtbibliothek aufgegriffen.
2) Mit welchem personellen und finanziellen Aufwand wäre das verbunden?
Diese Frage ist abhängig von dem zu erstellenden Öffnungskonzept.
3) Ist es zutreffend, dass Bibliotheken landesweit unter Kultur geführt werden?
Die Stadtbibliothek ist eine kulturelle Einrichtung, die unverzichtbarer Partner in der außerschulischen Bildung in Gelsenkirchen ist.
4) Ist es zutreffend, dass man bei einer Einstufung in den Bereich Bildung eine Förderung durch das Land erhalten würde?
Nein.
5) Sind der Verwaltung politische Initiativen bekannt, die Bibliotheken in den Bereich Bildung einstufen möchten?
Die Stadtbibliothek ist Bestandteil des Referates Bildung.
6) Ist es zutreffend, dass die Verwaltung, wie Sie gegenüber der Isso kommuniziert hat, mittelfristig einen Bibiothekenentwicklungsplan einführen/erstellen möchte?
Seitens der Verwaltung ist beabsichtigt, einen Bibliotheksentwicklungsplan bzw. ein Bibliotheksentwicklungskonzept zu erstellen, das die Grundlage bilden soll, um Bibliotheken den gesellschaftlichen Bedarfen entsprechend koordiniert und nachhaltig weiterzuentwickeln. Diese Aufgabe wird nach Wiederbesetzung der Leitungsstelle der Stadtbibliothek aufgegriffen.
7) Auf welcher Ebene innerhalb der Verwaltung wurde das Thema behandelt?
Bisher wurde das Thema nur referatsintern behandelt.
8) Wann kann mit der Einführung/Erstellung eines Bibliothekenentwicklungsplans gerechnet werden?
Hier wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen.
9) Wurde ein solches Thema jeweils in einem Gremium behandelt?
Bisher nicht.
10) Gedenkt man, die Gremien über den Stand der Entwicklung in Kenntnis zu setzen?
Zu gegebener Zeit werden die zuständigen Gremien beteiligt.
(Heselhaus)