Dunkelheit und Licht

15 Jahre freies theater glassbooth

von Jesse Krauß
Foto: Oliver Mengedoht

Freies Theater ist immer ein Drahtseilakt. Ohne die Strukturen eines etablierten Theaterbetriebes im Rücken, ohne festes Ensemble, aus dem man seine Darsteller rekrutieren kann, ohne für die Saison festgelegtes Budget, ohne eigene Spielstätte, ohne eigene Probenbühne – Theatermacher wie der Gladbecker Jens Dornheim, Kopf des im Ruhrgebiet gut bekannten theater glassbooth, müssen für jedes neue Projekt ein Stück weit von vorn anfangen: Darsteller casten, Finanzierung sichern, Gastspiele aushandeln, Werbung machen – und dann vielleicht, wie in Dornheims Fall nicht selten, auch noch selbst Regie führen. Der Lohn dafür: allergrößte Freiheit und Beweglichkeit. Und dass Theater eine Liebe und Leidenschaft der besonderen Art ist, weiß ohnehin jeder, der schon einmal damit in Berührung kam.

Selten und beeindruckend ist vor diesem Hintergrund jedoch, wenn ein freies Theaterprojekt so lange und auf so hohem Niveau besteht, wie das theater glassbooth, das diesen Herbst auf runde 15 Jahre und auf 15 Inszenierungen zurückblicken kann. 2003 gründete Jens Dornheim das Projekt gemeinsam mit Studienkollege Gordon Stephan. Ihre Idee: Literaturtheater abseits des üblichen Theater-Kanons, stattdessen selten gezeigte Stücke, die mit Vorliebe abgründige Themen beleuchten – seit dem (namensgebenden) ersten Stück, „Der Mann im Glaskasten“, ist das unter Theaterfreunden längst eine Formel geworden, die untrennbar mit theater glassbooth verbunden ist. Im Laufe der Jahre versuchte sich das wechselnde Ensemble aus Profi-Schauspielern und Laiendarstellern bereits an Beziehungs-„Dramödien“, Psychothrillern, Hollywood-B-Movies, Rainer Werner Fassbinder und Klaus Kinski sowie neuerdings mehrfach an kirchlichen Stoffen, wie etwa dem wortgewaltigen Stück „Luther“, das 2016 auch in Gelsenkirchen gastierte.

Bereits 2014 hatte das erste selbst geschriebene Stück, die schwarz-humorige Medien-Satire „Container Love“, der Gruppe übrigens den Sonderpreis der Petra-Meurer-Theatertage eingebracht.
Zu seinem 15-Jährigen Jubiläum bringt das theater glassbooth einen Klassiker in neuem Gewande: Karl Schönherrs „Der Weibsteufel“, eine Dreiecksgeschichte, die originär im Alpenland spielt, hier jedoch ins Ruhrgebiet der 1920er-Jahre versetzt wird. Das Kammerspiel tourt im November durch die Städte Dortmund, Bochum, Essen und Gladbeck. Zum Jubiläum erscheinen außerdem ein Buch und ein Film über die Geschichte von theater glassbooth, mit dem definitiv auch in Zukunft weiterhin zu rechnen sein wird, daran lässt Jens Dornheim, der auch nach 15 Jahren noch für das freie Theater brennt, keinen Zweifel.

Termine unter http://www.glassbooth.de


Jens Dornheim (Mitte) 2004 in der ersten Inszenierung von theater glassbooth: „Der Mann im Glaskasten“, eine Groteske von Robert Shaw auf Basis des Eichmann-Prozesses.
Foto: Schinnek

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