Letzter Platz – ZDF-Studie bescheinigt Gelsenkirchen die schlechteste Lebensqualität ganz Deutschlands

Kommentar von Denise Klein

Mit Studien ist es immer so eine Sache. Wer macht sie, wem nützen sie? Den Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern jedenfalls nicht, leben sie ja schließlich nicht auf dem Mond, sondern inmitten des von außen attestierten Elends. Dies werden Menschen, die in den schönen Ecken der Stadt leben, deren Adressen im Straßennamen ein „Park“ oder „Garten“ führen, sicher nicht so bestätigen. Doch auch diesen Bürger/innen wollen wir den Realitätssinn nicht absprechen, schließlich bewegen auch sie sich in der Stadt. Und sehen somit den Status quo.

Natürlich hat jede Stadt ihre schönen und besonders hässlichen Ecken, doch muss schon sehr blind und naiv sein, wer den massiv voranschreitenden Abwärtstrend nicht erkennen will. Nein, da helfen auch kein schöner Zoo, kein Schalke und kein Musiktheater. Denn wie oft geht man, sollte man es sich leisten können, in diese Institutionen und hebt somit sein Wohlfühlen? Lebensqualität setzt sich unter anderem zusammen aus wertiger Architektur, gastronomischer Vielfalt, Sauberkeit, kulturellem Angebot und umfangreichem Freizeitangebot. Auch bezahlbarer Mietraum und ärztliche Infrastruktur sowie ein ausreichendes Auskommen gehören dazu.

Alle 401 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland hatte die Prognos AG für die Sendung „ZDFzeit“ untersucht und unmittelbar zueinander gestellt. 53 sozioökonomische Indikatoren wurden ausgewertet. Die Spitzenreiter: München, Heidelberg, Starnberg, Potsdam.

Gelsenkirchen landet dagegen auf einem unrühmlichen Platz: dem letzten. Rang 401 von 401 (dicht gefolgt von weiteren Ruhrgebietsstädten).

Lässt man den individuellen Lokalpatriotismus einmal beiseite und schaut auf die blanken Zahlen und Fakten, muss man sagen: Geschenkt die Argumente um periphere ländliche Natur oder schöne Radwege, denn sie können die großen Probleme dieser Stadt nicht aufheben, allenfalls geringfügig abmildern.

Es lohnt sich ein Blick auf die in der Studie erhobenen Kriterien und auch der Blick über den Tellerrand der eigenen, vielleicht schönen Siedlung. Bekannt sind die Probleme seit Jahrzehnten, und neue kamen und kommen hinzu, auch wenn an vielen Stellschrauben gedreht und probiert wird. Gelsenkirchen ist nicht die einzige Stadt, die Opfer des Strukturwandels geworden ist, aber diejenige, die es offensichtlich am schlechtesten angegangen ist.

http://www.deutschland-studie.zdf.de

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2 Gedanken zu “Letzter Platz – ZDF-Studie bescheinigt Gelsenkirchen die schlechteste Lebensqualität ganz Deutschlands

  1. Ich lebe seit 59 Jahren in Gelsenkirchen, ich bin hier geboren. Ich lebe in der Innenstadt und arbeite Teilzeit in einem Fahrradgeschäft. Der Inhaber ist Deutscher mit türkischen Wurzeln. Die Kundschaft sind ca. 60 % ausländische Mitbürger und 40% Deutsche. Ich habe dadurch schon einige Kulturen kennen gelernt. Es fällt mir auf, dass in manchen Ländern die Frauen oft nicht gleichberechtigt und respektvoll behandelt werden. Das bekomme ich dann auch zu spüren und es fällt mir sehr schwer damit umzugehen. Wir liegen zwar laut einer Studie, nicht auf dem ersten Platz wenn es um die Gleichberechtigung geht, aber die arabischen Länder auf dem Letzten. Manche Männer lassen sich von mir gar nicht beraten und ich habe mir durch meine dreijährige Arbeit, mein technisches und handwerkliches Verständnis und vielen Gesprächen mit meinem Chef der Meister ist, Fachwissen angeeignet. Das passiert mir bei deutschen Männern sehr selten. Dazu muss ich sagen, bei älteren grundsätzlich öfter als bei jüngeren. Diese Situation erlebe ich überall im Alltag. Im Bus in der Bahn in Geschäften. In vielen Supermärkten werden mittlerweile Sicherheitsleute eingestellt, weil es immer öfter zu Übergriffen und Diebstählen kam. Ich habe Vorfälle bei Netto auf der Bahnhofstrasse mitbekommen, wo man die Kassiererin angreifen wollte und sich auch untereinander schlagen wollte aber auch bei Rewe, wo die Polizei bis zu 7mal am Tag gerufen werden musste, weil gestohlen wurde ( Aussage der Mitarbeiter ). In diesen Vorfällen waren zu 99% Ausländer involviert. Was ich ganz schrecklich finde ist der Umgang mit Verpackungen. Ich lebe in einer Straße die halb von Deutschen und halb von Ausländern bewohnt wird. Das ist definitiv erkennbar. Ich erlebe mit wie die ausländischen Leute ihren Müll aus dem Fenster werfen. Die Straße ist dermaßen zugemüllt. Auch der Platz am Ende der Straße. Dort gibt es Sitzgelegenheiten. Obwohl viele Mülleimer vorhanden sind werden sie nicht genutzt. Das Schlimme ist, wenn man die Leute anspricht, stößt man ganz selten auf Verständnis und oft wird aggressiv reagiert, obwohl ich immer freundlich und verständnisvoll anspreche. Mittlerweile habe ich das eingestellt, weil ich auch Angst bekommen habe. Es wurde ein neuer Spielplatz an der Florastrasse Nähe Kurtschuhmacher Strasse gebaut. Das Projekt hat viel Geld gekostet. Dort treffen sich überwiegend ausländische Mitbewohner. Im Sand wo die Kinder spielen liegt Verpackungsmüll und neben den Bänken. Steine aus Beeten liegen auf dem Weg. Prospekte werden nicht in den Müllbehälter gebracht und fliegen rum. Ich finde diese Vorgehensweise einfach respektlos, vor allem weil dort überall Müllbehälter vorhanden sind. Von Vorbildfunktion kann keine Rede sein. Man sieht immer öfter Reinigungskräfte. Was sich bei all dem heraus kristallisiert ist, nur Deutschkurse allein bringen keine Integration zu Stande. Wo so viele so verschiedene Kulturen aufeinander treffen, muss mehr Aufklärung und Unterstützung stattfinden. Wir können voneinander lernen, denn im Umgang miteinander sind oft die Deutschkurse allein bringen keine Integration zu Stande. Wo so viele so verschiedene Kulturen aufeinander treffen, muss mehr Aufklärung (auf beiden Seiten) und Unterstützung stattfinden. Wir können voneinander lernen, denn im Umgang miteinander sind oft die ausländischen Mitbewohner viel herzlicher, liebevoller und nicht so egoistisch. Alles hat zwei Seiten und jeder Mensch ist anders, aber um miteinander leben zu können gelten Regeln, ohne diese herrscht das Caos. Verständnis und Respekt sind sehr wichtig. Ich wünsche unserer Stadt, dass sich etwas ändert und sich alles zum Guten wendet.

  2. Sehr geehrte Frau Klein,

    vom Ergebnis der Studie hatte ich natürlich schon vor Ihrem Kommentar gehört, nun aber habe ich mir zum ersten Mal oben abgebildetet Kriterien angeschaut. Mir ist nicht ganz klar, was z.B. die Punkte „Pflegebedürftige“ oder gar „Rehaklinikendichte“ mit der Lebensqualität in unsere Stadt zu tun haben sollen. Inwiefern diese Studie nun also relevant ist und vor allem für wen, vermag ich nicht zu beantworten, für mich ist sie es jedenfalls nicht.
    Sie schreiben: „Lebensqualität setzt sich unter anderem zusammen aus wertiger Architektur, gastronomischer Vielfalt, Sauberkeit, kulturellem Angebot und umfangreichem Freizeitangebot. Auch bezahlbarer Mietraum und ärztliche Infrastruktur sowie ein ausreichendes Auskommen gehören dazu“. Wenn ich mir die Studie in diesen Punkten ansehe, stehen wir beim „Anteil an Erhohlungsfläche“ auf Platz 11! Bei Anzahl und Besuch klassischer Kulturveranstaltugen landen wir auf Platz 98 und 102. Selbst die „Mietpreis-Einkommens-Relation“ ist mit Platz 254 laut Studie im gelben Bereich, ebenfalls im gelben Bereich ist die „Bar- und Restaurantdichte“, in diesem Punkt belegen wir Platz 126. Viele Ihrer aufgezählten Punkte sind also im grünen oder gelben Bereich! Trotzdem schreiben Sie von einem „massiv voranschreitenden Abwärtstrend“. Woran genau machen Sie diesen fest?
    Natürlich sehe auch ich die rot eigefärbten Punkte wie z.B. „Schulabbrecherquote“ oder „Arbeitslosenquote“ und mir ist klar, dass man damit nicht unbedingt auf den vordersten Plätzen landet…
    Sie schreiben: „Nein, da helfen auch kein schöner Zoo, kein Schalke und kein Musiktheater“. Nein? Sind das nicht genau die Institutionen, in denen man Kultur und Freizeit erleben kann? Auch „periphere ländliche Natur und schöne Radwege“ lassen sie nicht als Argumente oder positive Beispiele gelten. Denn sie könnten „die großen Probleme dieser Stadt nicht aufheben, allenfalls geringfügig abmildern“. Was genau sehen Sie denn als die großen Probleme dieser Stadt an und wie könnte man sie vielleicht abmildern?
    Sie schließen unter anderem mit folgenden Worten: „Bekannt sind die Probleme seit Jahrzehnten, und neue kamen und kommen hinzu“. Auch hier werden Sie leider nicht konkreter, egal ob es um neue oder alte Probleme geht.
    Als ich das Ergebnis der Studie zum ersten Mal hörte (mein in München lebender Schwager machte mich darauf aufmerksam) war ich nicht grade erfreut. Als ich aber heute Ihren Kommentar gelesen habe, war ich so erstaunt und auch etwas wütend, dass ich daraufhin diesen Leserbrief geschrieben habe. Diese Stadt und alle darin wohnenden Bürger wurden in dieser Statistik mit dem letzten Platz bedacht. Ok, was sagt das schon über uns aus? Was wissen Außenstehende schon? Damit kann ich umgehen. Aber das wir uns nun selber auch nur noch negativ sehen, dass kann ich nicht nachvollziehen.
    Für mich ist Lebensqualität nicht nur von äußeren Faktoren abhängig, sondern auch von der eigenen Einstellung und wie ich mein Umfeld erlebe, wahrnehme und auch nutze. Was hätte ich von einer Stadt wie z.B. München, in der ich zwar mehr Theater, Kinos und Sportvereine hätte, sie aber niemals nutzen würde? Weil ich vielleicht zu viel arbeiten müsste, um mir meine Miete leisten zu können? Oder weil ich soweit draußen am Stadtrand wohnen würde, dass die Fahrtzeiten in die Innenstadt zu langwierig wären? Oder weil mich Sport und Theater schlicht nicht interessierten? Wäre meine Lebensqualität dann trotzdem höher? Oder ist es halt einfach nur ein statistischer Wert unter vielen?
    Ich weiß, dass es in Gelsenkirchen bestimmt viele Probleme gibt, die man an dieser Stelle vielleicht auch gar nicht alle aufzählen und erst recht nicht lösen kann. Trotzdem ist es die Stadt in der ich lebe. Und zwar gerne. Sonst wäre ich schon längst weggezogen. Ich würde mir wünschen, dass wir unser Augenmerk auch mal auf die positiven Dinge legen würden. Gibt es nicht auch gute Dinge und Orte bei uns? Wir haben bereits erwähnten Fußballclub, den Zoo und das MIR. Wir haben das Schloss Berge, Schloss Horst und Haus Lüttinghof. Wir haben den Berger See, den Buerschen Stadtwaldt, den Nordsternpark und den Stadtgarten. Wir haben die Kaue, das Consol Theater, die Flora und das Wohnzimmer. Wir haben das Amphietheater. Wir haben mit dem
    Hans-Sachs-Haus ein architektonisch sehr schönes Rathaus, wir haben die Brücke am Zoo und die am Kanal am Nordsternpark. Wir haben noch so viel mehr! Wir sind so viel mehr!

    Mit freundlichen Grüßen
    K. R.

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