Anton Stankowski und das Logo der Deutschen Bank
Es ist fraglos eines der bekanntesten graphischen Zeichen der Welt – das Logo der Deutschen Bank. Am 25. April 1974 wurde es in einer Zeitungsanzeige erstmals vorgestellt. Sein Gestalter: der gebürtige Gelsenkirchener Anton Stankowski (1906-1998).
Bereits 1972 hatte das global agierende Finanzunternehmen acht Gestalter mit dem Entwurf eines neuen, zeitgemäßen (wenn nicht zeitlosen) Logos beauftragt. Das Rennen machte der Künstler und Grafiker Stankowski mit einem Entwurf, der durch größte Einfachheit, Universalität und Unverwechselbarkeit besticht. Vier Striche bilden eine Box, ein schräg aufwärts strebender fünfter Strich sitzt in der Mitte. Fertig. Ein Logo, das sich innerhalb einer Sekunde mit dem Bleistift nachzeichnen lässt und sich im visuellen Gedächtnis sofort fest verankert.
„Wachstum in einem stabilen Umfeld“ lautet die von Stankowski selbst gegebene Erläuterung des Zeichens. Das überzeugte damals auch den Konzernvorstand der Deutschen Bank um Franz Heinrich Ulrich, und tatsächlich ist Stankowskis Entwurf bis heute praktisch praktisch unverändert geblieben. Eine dreidimensionale Variante wurde später eingeführt, das ist es aber auch schon.
Ganz anders reagierte 1974 die BILD-Zeitung und titelte gewohnt knackig: „Skandal: Maler verdient mit fünf Strichen 100.000 Mark“ – Ein Aufreger an jedem Kneipentresen!
Ob die Summe stimmt? Man kann es nur vermuten, doch ganz abwegig scheint sie nicht, und heute (48 Jahre später) ist das auch „Schrägstrich im Quadrat“ genannte Logo im Wert ganz sicher noch einmal deutlich gestiegen. Kritikern soll Stankowski damals selbstbewusst geantwortet haben, sein Deutsche Bank-Logo bestehe vielleicht „nur“ aus fünf Strichen, doch hinter diesen stünden schließlich über 40 Jahre Berufserfahrung.
Der 1906 in Gelsenkirchen geborene Maler, Grafiker und Fotograf Anton Stankowski hatte in seiner Lehr- und Gesellenzeit Dekorations- und Kirchenmalerei gelernt. In Kontakt mit modernen graphischen Formen und konstruktiver Kunst brachte ihn 1927-29 ein Studium bei Folkwang-Professor Max Burchartz (Essen). Dieser entwarf 1927 für das Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus ein Farbleitsystem, das mutmaßlich erste Beispiel angewandter Signaletik in einem öffentlichen Gebäude. Seinen Studenten Stankowski beauftrage er mit der Leitung und Überwachung der Malerarbeiten vor Ort.
Eine Stelle als Fotograf in der Agentur von Max Dalang, Zürich, war die nächste Station des jungen Mannes, der auch durch seinen experimentellen Umgang mit dem Medium Fotografie auf sich aufmerksam gemacht hatte. 1938 gründete Stankowski in Stuttgart ein „Grafisches Atelier“, nach Krieg und Kriegsgefangenschaft ließ er sich 1951 erneut dort nieder. 1964 wurde Stankowski Gastdozent an der legendären Hochschule für Gestaltung in Ulm und war ab 1969 Vorsitzender des Ausschusses für die visuelle Gestaltung der Olympischen Spiele in München. In den 1970er führte er ein Atelier gemeinsam mit dem 40 Jahre jüngeren Grafiker Karl Duschek.
Zu Stankowskis Portfolio gehören zahlreiche bekannte und teils bis heute verwendete Logos, etwa das des Deutschen Rings, des Heizungsbauers Viessmann, des Deutschen Werkbundes oder des BKK (Dachverband der Betriebskrankenkassen). Auch das frühere Logo der Versicherungsgruppe Signal-IDUNA, das Fernsehturmlogo des Süddeutschen Rundfunks (bis 1998) und das alte REWE-Logo (bis 2006) stammen aus seiner Werkstatt. „Gute Zeichen sind einfach und knapp gefasst, schnell merkbar. Die Wirkungsweise beruht auf dem Erkennen“, stellte Stankowski bereits 1968 fest.
Die große Leistung des umtriebigen Gelsenkircheners, der in seiner Wahlheimat Stuttgart als ein „liebenswürdiger, humorvoller Mensch mit einem gesunden Schuss savoir vivre“ (Hans-Rudolf Thiel) bekannt war, lag jedoch nicht nur im Finden zeitloser graphischer Formen, sondern auch im ständigen wechselseitigen Überschreiten der Grenzen zwischen Kunst und Design: „Ich kann nicht morgens Kunst und nachmittags Design machen. Design oder Kunst, es muss einfach gut sein.“
Davon kann man sich nicht zuletzt im Kunstmuseum Gelsenkirchen überzeugen, das über eine Sammlung von 224 Werken, vor allem Druckgrafiken, des bekannten Stadtsohnes verfügt, die als Teil der ständigen Sammlung in einem eigenen Ausstellungsraum gezeigt werden.