Kultkneipe rosi unter neuer Leitung
Seit Jahren schon gehört sie zu den beliebtesten und erfolgreichsten Kneipen in Gelsenkirchen – die charmante rosi an der Weberstraße 18. Bereits seit 2013 ist die Eckkneipe eines der wenigen Highlights im vergleichsweise dünnen Nachtleben in Gelsenkirchen und bietet seinen Gästen an jedem Wochenende ihren gemütlichen Ort für ein fröhliches Beisammensein. Doch auch hier hinterließ die Pandemie ihre Spuren, und lange Zeit stand die rosi vor einer ungewissen Zukunft. Doch mit Nadine Heckner und Benedikt Zisch hat die Bar nun neue Besitzer*innen, die den Flair der rosi am Leben erhalten wollen. Im Interview mit den neuen Eigentümer*innen und Stefan Paetz, langjähriger Angestellter und „Gesicht“ der rosi, erzählen die drei von ihren anfänglichen Sorgen vor dem Kauf, den Plänen für die Zukunft und die Kneipenkultur in Gelsenkirchen.
Herr Zisch, Frau Heckner, Sie beide sind die stolzen neuen Besitzer*innen der rosi. Wie kam es zu dem Entschluss, die Bar zu kaufen?
Benedikt Zisch: Wir waren in der rosi ja schon öfter mal im Spiel – nur auf der anderen Seite der Theke, wie man ja so schön sagt. Zusammen waren wir, in unregelmäßigen Abständen, immer wieder Gäste. Ende letzten Jahres erfuhr ich von Stefan, dass die rosi verkauft werden sollte. Als ich das hörte, hatte ich sofort den Gedanken: „Mensch, diese Kneipe muss auf jeden Fall erhalten bleiben!“ Wenn man sich im Gelsenkirchener Süden umsieht, gibt es nicht viel, wo man als junger Erwachsener gemütlich ein paar Getränke zu sich nehmen kann. Zur gleichen Zeit entstand bei mir der Gedanke, die rosi zu kaufen. Als ich Nadine von der Idee erzählte, war sie zunächst sehr skeptisch. Nach mehreren Treffen mit dem früheren Besitzer, Jaques Eone, ließen wir uns zunächst eine Woche Zeit, um die Pros und Kontras abzuwägen.
Frau Heckner, welche Bedenken hatten Sie?
Nadine Heckner: Wir waren mitten in der Pandemie. Egal wie gut ein Lokal davor lief, während so einer Zeit in die Gastronomie einzusteigen, ist natürlich gewagt. Es mussten zunächst Konzepte entwickelt werden, die der ganzen Situation auch trotzen können. Dazu gehört nicht nur der Desinfektionsspender im Eingang. Der Laden muss auch laufen, wenn die Lage angespannt bleibt. Als unsere Verhandlungen im letzten Dezember starteten, sah es zunächst ja auch noch so aus, als ob die Pandemie noch sehr lange andauert. Außerdem mussten wir uns einen Überblick über die Zahlen verschaffen. Aber die Verhandlungen und die Kommunikation mit den früheren Besitzer*innen liefen von Anfang an sehr gut und transparent.
Bestehen diese Sorgen denn immer noch?
BZ: Nicht in diesem Umfang. Man beobachtet natürlich die Corona-Zahlen, aber man muss auch ganz klar sagen: Wir können den Betrieb garantieren. Das liegt vor allem an der guten Lage der rosi. Im Zweifelsfalls kann ein Verkauf von Getränken und Snacks stattfinden, wobei die Gäste ihre Bestellungen durch die großen Fenster erhalten. Generell, die Stammkundschaft hat die rosi schon sehr gut durch die Pandemie getragen. Es gab Kioskverkäufe, Live-Streams und Gutscheine. Das war auch ein Argument, welches für den Kauf sprach.
Die rosi besitzt seit jeher einen besonderen Charme. Allein optisch erinnert die Bar an ein entspanntes Studenten-Wohnzimmer. Was macht die rosi als Lokalität aus?
BZ: Die rosi ist einfach urig – „Studenten-Wohnzimmer“ trifft das schon sehr gut! Uns ist einfach wichtig, dass sich die Leute hier wohlfühlen. Was das angeht, wollen wir hier auch keine großen Veränderungen. Das fängt bei der Einrichtung und dem Mobiliar an…
NH: … und hört bei dem Gesicht der rosi auf. Damit ist natürlich Stefan gemeint. Das grundsätzliche Ambiente der Bar bleibt also gleich. Trotzdem gibt es natürlich ein paar Dinge, die wir verändern, beziehungsweise wieder aufleben lassen wollen. Der kulturelle Aspekt soll wieder mehr ins Spiel gebracht werden. Dazu gehören vor allem künstlerische Ausstellungen und Lesungen.
Stefan Paetz: Natürlich soll es aber in Zukunft auch wieder Partys und Karaoke geben, die unter verschiedenen Mottos stattfinden sollen. Am St. Patricks Day wird es wieder eine Aktion geben, oder auch das klassische Tannenbaumschmücken. Es gibt so viele schöne Dinge, die wir hier machen können.
Vor ein paar Jahren gab es in der rosi mehrere Live-Streams zur damaligen Fußball- Europameisterschaft. Spielen Sportübertragungen eine Rolle in Ihrem Konzept?
NH: Fußball definitiv nicht. Das Problem ist, alles was mit Übertragungen zu tun hat, ist immer an Rechte gekoppelt. So etwas lohnt sich häufig einfach nicht. Ich glaube auch, dass unser Publikum nicht erwartet, hier Sport und Fußballspiele zu sehen.
Momentan sind die Öffnungszeiten auf Freitage und Samstage beschränkt. Gibt es Pläne, die rosi in Zukunft auch unter der Woche zu öffnen?
NH: Langfristig ist es geplant, dass wir auch unter der Woche auf haben. Dazu benötigen wir aber noch eine zusätzliche Hilfskraft für die Bedienung. Zwischen 9 und 14 Uhr würden wir in Zukunft gerne auch vormittags Gäste einladen, die hier dann beispielsweise Aufgaben für die Uni bearbeiten könnten. Eine Art Coworking-Space. Mit der neuen Maschine gibt es dann auch endlich richtig leckeren Kaffee (lacht). Abends möchten wir die Öffnungszeiten ebenfalls erweitern. Der Donnerstag soll in naher Zukunft als erstes hinzukommen. All das hängt aber von den Zahlen ab. In erster Linie war es uns einfach wichtig, dass die rosi bestehen bleibt.
Das ist eine schöne Nachricht – vor allem für die Stammkundschaft. Im Vergleich zu Uni-Städten gibt es in Gelsenkirchen nicht das gleiche Angebot wie beispielsweise im „Bermuda3eck“ in Bochum.
SP: Meine Lebenserfahrung in Gelsenkirchen zeigt, dass es eigentlich fast immer so war. Es gab selten eine Zeit, wo es mehr als zwei oder drei Bars im Zentrum gab, wo man als junger Mensch gut hingehen konnte. Zuletzt gab es das noch mit dem Consilium.
BZ: In Gelsenkirchen gab es einen starken Verfall von Kaufkraft. Das führt natürlich auch dazu, dass sich viele Leute nicht mehr so häufig ausgehen, sich Freunde eher nach Hause einladen. Darunter leidet folglich die Gastronomie.
NH: Ich frage mich an dieser Stelle immer: Ist Gelsenkirchen denn wirklich so schlecht? Klar, wir haben kein Bermuda3eck. Aber muss man das hier überhaupt haben? Ich kann mich zum Beispiel von hier in die 302 setzen, nach Buer fahren und dort die wunderschöne Crêperie besuchen. Viele Menschen wissen wahrscheinlich auch gar nicht, was diese Stadt zu bieten hat. Der Pop-Up Biergarten ist ein auch so ein Beispiel.
Ein großes Highlight – gerade was Kneipenkultur betrifft – war früher die Aktion „Gelsen-City Sound“. Wird es etwas vergleichbares in Zukunft wieder geben?
NH: Ich kann mir schon vorstellen, dass wir irgendwann wieder mit anderen Bars oder Kneipen kooperieren. Gegenüber der Stadt und dem City-Management wollen wir uns ganz offen geben, und kommende Aktionen wie „1000 Lichter in der City“ unterstützen.
Vielen Dank für das schöne Gespräch!