Lesung im Hier ist nicht da

Der Geschichten-Sammler

Über Stadtschreiber Gabriel Wolkenfeld

Wie im Flug sind drei Monate für Stadtschreiber Gabriel Wolkenfeld vergangen. Am 25. Oktober las er im „Hier ist nicht da“ bereits zum Abschluss aus seinen Werken und gab Einblicke in deren Entstehungsgeschichten. 

Stadtschreiber Gabriel Wolkenfeld
Stadtschreiber Gabriel Wolkenfeld (Foto: Kirsten Lipka)

Viel Grün

Auf die Fragen von Andrea Rohmert, Mitarbeiterin des Kulturreferats Gelsenkirchen, zu Eindrücken und Highlights aus diesen drei Monaten hatte der 37-jährige Berliner viel Positives zu berichten:

„Ich wusste wenig über Gelsenkirchen, als ich hergekommen bin. Aber Gelsenkirchen ist für mich fast wie Wedding – nur sauberer. Der Bahnhof erinnert mich ein wenig an mein Aufwachsen in Berlin. Das ist für mich nicht abschreckend, wenn ich aus dem Bahnhofsgebäude hinausgehe. Man geht weiter, biegt in die nächsten Straßen ab, und dann ist es schon wieder schön. Und in dieser Stadt dazu noch sehr grün. Der Stadtgarten ist z. B. einer meiner Lieblingsorte in Gelsenkirchen.“ 

Nach kulturellen Highlights befragt, wird deutlich, wie sehr Gabriel als Lyriker und Autor auch der Arbeit von Kolleg*innen verbunden ist: „Karosh Taha in der werkstatt in Buer hat mich besonders beeindruckt. Bei der Lesung aus ihrem Buch Im Bauch der Königin“ wollte ich einfach nur weiter zuhören, es sollte nicht enden. Danach habe ich leider ihr Buch viel zu schnell ausgelesen, das war fast wie, wenn man eine Tüte Chips zu schnell isst.“

Auch die Szeniale im Kreativ.Quartier war für ihn ein bemerkenswertes Erlebnis. „Ich habe mich an diesem Tag mehr auf die Menschen eingelassen und weniger auf das Programm. Manchmal bin ich drei Schritte gegangen, und schon wurde ich wieder weggefangen von den nächsten Menschen, die mit mir ins Gespräch gekommen sind. Einige davon habe ich dann tatsächlich im Publikum meiner Lesungen wiedergesehen. Das waren tolle Begegnungen.“

Kein rosarot

Für ein Fazit über Gelsenkirchen zu diesem Zeitpunkt hält er es eigentlich für zu früh. Und ebenfalls zu früh, jetzt schon wieder gehen zu müssen. 

„Ich empfinde Gelsenkirchen als eine Art Underdog. Es gibt viel zu tun, aber auch viel Spannendes zu entdecken. Man darf die Probleme nicht totschweigen, und ich bin mir durchaus bewusst, dass ich einen Blick auf die Stadt aus privilegierter Perspektive werfen durfte, ohne dabei eine rosarote Brille aufzuhaben. Es ist traurig, dass ein ganzer Ort von Medien und durch schlechte Nachrichten so niedergedrückt wird. Das hat Gelsenkirchen nicht verdient.“

Lesung im Hier ist nicht da
Gemütlich war’s bei Gabriel Wolkenfelds Abschlusslesung im „Hier ist nicht da”. (Foto: Kirsten Lipka)

Bunt und vielfältig

Zur Abschlusslesung stellte er erstmals einige seiner literarischen Porträts über Gelsenkirchener*innen vor. Jeweils mit einer bunten Collage einleitend erzählten die Prosa-Texte sowohl von vergangenen Geschehnissen und Personen als auch von Gegenwärtigem und Anwesenden. So rückten die Kinderbuchautorin Martha Schlinkert, der Maler Fritz Duda oder der Chemiker (sowie Erfinder des Weckglases) Rudolf Rempel in seinen Fokus. Drei Texte sind auf Gabriels Website veröffentlicht – dreißig sollen es insgesamt werden.

„Natürlich hätte ich über Schalke-Spieler oder Bergmänner schreiben können“, führte er an, „aber die Vielfalt von Menschen aus allen Teilen der Welt ist Teil der Identität von Gelsenkirchen geworden, eigentlich des ganzen Ruhrgebiets.“ 

Dieser Facettenreichtum wurde durch die Kapitel-Collagen weiterer Geschichten angedeutet, so dass im Publikum schon Fragen aufkamen, wann dazu das Komplett-Werk erstanden werden kann. 

Auch wenn seine Zeit in Gelsenkirchen als Stadtschreiber vorüber ist, wird er noch weiter an dieser Reihe arbeiten und freut sich über Interessierte, die ihm Geschichten schenken möchten. Wichtig ist ihm, dass die Menschen, über die er schreibt, mit seinen Texten einverstanden sind. 

„Ich bin kein Journalist, das könnte ich auch nicht. Ich schreibe Prosa und dichte auch dazu. Wenn ich vor Kunsthistorikern lesen müsste, würden sie wahrscheinlich Flaschen nach mir werfen.“ 

Im Anschluss stellte er auszugsweise Gedichte aus dem „Ukrainischen Album“ vor, das 27 Texte über verschiedene Städte und Reiseerlebnisse behandelt. Diese konnte er in seiner Zeit in Gelsenkirchen komplett überarbeiten und richtete abschließend wertschätzende Worte an die Sponsoren des Kulturreferats, der GELSENWASSER-Stiftung und SEG:

„Ich arbeite sonst sehr viel und ich bin sehr dankbar für die Zeit, die mir hier geschenkt wurde, das zu tun, was ich liebe.“

Mehr zu Gabriel Wolkenfeld findet Ihr unter www.gabrielwolkenfeld.de

+ posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert