ggw kommt unbeschadet durch die Krise

Städtisches Wohnungsunternehmen steigt in den Schulbau ein

von Denise Klein

An der Gelsenkirchener Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft mbH (ggw) ging das für viele Unternehmen wirtschaftlich erschütternde Coronajahr 2020 fast geräuschlos vorbei. Zwar riss die pandemiebedingte Schließung des Schüler*innenwohnheims Haus Heege ein Loch von rund 300.000 Euro in die Bilanz, auch konnte man den 70. Geburtstag der gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft nicht ordentlich feiern, aber Grund zum Verzagen hat Geschäftsführer Harald Schuster nicht. Ganz im Gegenteil. Die ggw macht es mit ihrer Produktivität in Sachen Wohnungs-, Schul- und Kita-Bau vor, dass Corona nicht zwangsläufiger Grund sein muss, die Arbeit fast gänzlich einzustellen.


Die Stadttochter verzeichnete 2020 einen Höchststand in Sachen Vermietungen seit über 25 Jahren und konnte mit drei Millionen Euro den Umsatzerlös auf 36,9 Millionen Euro steigern. Das Betätigungsfeld der ggw ist vielfältig, denn neben der Vermietung ihrer 4.975 Bestandswohnungen ist sie Eigentümerin von 72 Gewerbeeinheiten, neun Kitas und eben dem Haus Heege in Buer. Des Weiteren ist sie beteiligt an der Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG), die den Umbau der Bochumer Straße leitet und die Neubauten am Buerschen Waldgürtel vermarktet, ist mit 49% Anteilen Gesellschafterin des Wissenschaftsparks und an der Verkehrsgesellschaft GE mbH, die sich unter anderem um Parkhäuser und -plätze kümmert, und an der Nordsternpark GmbH beteiligt.


Im Kita-Bau hat die ggw ihre Erfahrungen in den letzten Jahren gesammelt, neun Projekte wurden realisiert. Drei weitere Kitas kommen in den nächsten Monaten in der Leithestraße, der Johannes-Rau-Allee und der Franz-Bielefeld-Straße hinzu. Man plant, somit dem wachsenden Platzbedarf für Kindergartenkinder in Gelsenkirchen gerecht zu werden. Gerade fertig geworden ist der Kindergarten in der Kanzlerstraße.

Schulbau in zwölf Monaten

Doch nun auch noch Schulen? Offenbar traut Verwaltung und Politik es Förster, der unter anderem auch noch Interimsgeschäftsführer der Stadtwerke ist, und seiner ggw zu. Der erste Schulbau in Gelsenkirchen seit 40 Jahren soll an der Ebersteinstraße entstehen. Zur Einschulung am 10. August 2022 soll die vierzügige Grundschule mit zwei Turnhallen an den Start gehen. Dass das zeitlich äußerst ambitioniert ist, kommentiert Harald Förster so: „Das wird ein Ritt auf der Rasierklinge.“ Der Bau in Schalke wird mit Betonfertigelementen für 22,5 Millionen Euro umgesetzt.

Da sich die Rahmenbedingungen, seien sie demografischer oder klimatischer Natur, ändern, muss auch das gemeinnützige Wohnungsunternehmen reagieren. So werden weiterhin barrierearme Wohnungen gebaut. 15 Prozent des gesamten Wohnungsangebotes sollen es werden. Für Harald Förster ist das nicht nur eine wirtschaftliche Frage, denn auch die Gelsenkirchener*innen werden immer älter. „Ich bin der festen Überzeugung, dass es den alten Menschen guttut, so lange wie möglich autonom in ihren eigenen Wohnungen leben zu können.“


Als kommunales Unternehmen kann die ggw Vorhaben und Projekte realisieren, die freie Bauträger nicht mit spitzen Fingern anfassen würden. Ein Beispiel ist die Olgastraße 13 und 15. Die baufälligen Gebäude wurden aufgekauft, abgerissen und in die Lücke eine Kita von 848 qm gebaut. Nutzt der Kindergarten das Erd- und das erste Obergeschoss, so hat die ggw im zweiten und dritten OG jeweils fünf barrierefreie Wohnungen für ein bis zwei Personen gebaut.

 

Ein sozialer Auftrag

Die Idee eines Mehrgenerationenhauses in einer Straße, die sozial als schwierig gilt, ist für Förster ein Schritt, der öfter passieren müssten. „In Gelsenkirchen passiert das normalerweise nicht“, meint der Geschäftsführer und verweist auf die positive Dynamik für belastete Stadtteile, die ohne Maßnahmen von außen kaum aus der Abwärtsspirale herauskämen. Da hätte die ggw schlicht einen sozialen Auftrag.


Auch die Pflege der Bestandsimmobilien sei ein wichtiges Feld, denn das Glück allein liegt bekanntlich nicht in einer weiteren Versiegelung von Flächen durch Neubauten.
„Im Schievenviertel haben wir unter anderem Balkons an die Häuser gebaut. Da kam morgens der Handwerker und hat ein Loch in die Wand für die Balkontür geschnitten, danach die Fensterbauer, und abends konnten die Leute wieder im Wohnzmmer sitzen.“


Als nächstes nimmt man sich der Häuser an der Wall- und der Blumenstraße in Horst an, die auch in die Jahre gekommen sind. Auch die Problematik der immer weiter steigenden Nebenkosten hat Förster im Blick. Bei 5,17 Euro liegt die durchschnittliche Kaltmiete bei ggw-Wohnungen und mit einem Anstieg von 2,2 Prozent im letzten Jahr durchaus moderat. Zu einer Art zweiten Miete haben sich die Kosten mittlerweile hochgeschraubt. Und ein Ende der Steigerung ist nicht absehbar. So zahlen die ggw-Mieter*innen im Jahr 23,3 Millionen Euro Kaltmiete, 10,5 Millionen € kommen aber für Strom, Heizung, Müll etc. hinzu. Das wird für viele Menschen immer weniger zahlbar.

 Dass die ggw als gemeinnützig und nicht gewinnorientiert in Gelsenkirchen wirkt, ist ein wichtiges Instrument, den offensichtlichen Verfall vieler Ecken in der Stadt zu begrenzen. Aber leider nur beschränkt. Dennoch zeigt das Arbeitsergebnis der ggw, dass viele Dinge machbar sind. Die Arbeitshaltung, die Geschwindigkeit und der klare Blick der Geschäftsführung auf die reellen Gegebenheiten vor Ort sollten vielen bürgernahen Ämtern ein Vorbild sein. Es wird spannend bleiben, zu sehen, wie Harald Förster in seiner pragmatischen Art dem großen Einsparzwang bei den Stadtwerken begegnen wird. Auf die lange Bank schieben wird er es nicht.

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