Galeriemeile e.V. löst sich auf
Es sprach sich schnell herum im Kreativ.Quartier Ückendorf: Der Galeriemeile Gelsenkirchen e.V. macht nicht mehr weiter. Nachdem die beiden Vorstände Bettina Steinacker und Frank M. Helferich (wie vor längerem angekündigt) zurücktraten, konnten keine Nachfolger*innen gefunden werden. Daher blieb der Mitgliederversammlung nichts anderes übrig, als den Verein satzungsgemäß aufzulösen – „schweren Herzens“, wie Ex-Vorstand Helferich in seiner Stellungnahme gegenüber der isso. betont. Er bedauere nach fünfjähriger ehrenamtlicher Tätigkeit, dass von 30 Mitgliedern niemand bereit gewesen sei, die Leitung des Vereins zu übernehmen. Nach den gesetzlichen Vorgaben befinde sich der Verein nunmehr in der einjährigen Liquidationsphase. Doch blicken wir zurück:
„Im Südosten Gelsenkirchens, im und um den multikulturellen Stadtteil Ückendorf, haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend Kreative angesiedelt. Entlang der Bergmannstraße mit der höchsten Galeriedichte im Ruhrgebiet (…) bis hin zur Künstlersiedlung Halfmannshof bilden Ateliers und Studios im Quartier die ‚Galeriemeile Gelsenkirchen’. Besucher sind ab sofort samstags zu einem Bummel auf der Galeriemeile eingeladen.“
So wurde es im September 2010 auf der Webseite der Galerie Bildsprachen an der Bergmannstraße verkündet. Dies markierte den Startpunkt einer langjährigen und äußerst fruchtbaren Interessengemeinschaft von Künstler*innen im Kreativ.Quartier Ückendorf, die eben jenes mit zahlreichen Ausstellungsprojekten (allen voran die beliebten jährlichen Formate „Tür auf!“ und „Licht an!“) maßgeblich mitgestalteten und prägten. Regelmäßig öffneten die Ateliers im Quartier ihre Türen und luden zum ausgedehnten Kunst- und Kulturbummel ein – ein einzigartiges Format, das stets für unvergleichliche Eindrücke sorgte. Über zehn Jahre lang war der Galeriemeile Gelsenkirchen e.V. einer der wichtigsten Kreativ-Player vor Ort, seit 2019 auch mit festen Räumlichkeiten im Haus Bochumer Straße 109. Mit seinem Aus geht für Ückendorf durchaus so etwas wie eine Ära zuende.
Allerdings ist die einstmals „höchste Galeriedichte im Ruhrgebiet“, zumindest was die Bergmannstraße angeht, schon seit längerem Geschichte. Die Galerie Bildsprachen mit ihrem hochkarätigen Programm wurde bereits vor Jahren vom c/o raum für Kommunikation beerbt, der zwischenzeitlich durch Umzug an die Bochumer Straße einem Tattoo-Studio Platz machte. Dem „Café Willkür“ war nur eine kurze Lebenszeit beschieden. Der in jüngerer Zeit in die Galeriemeile gezogene Graffiti-Künstler Beni Veltum brach nach einem Wasserschaden seine Zelte wieder ab. Bleiben noch der Eurasia Kulturverein, Renate Brändlein und als heute aktivste Kulturstation auf der einstmaligen Meile das Domizil des Bundes Gelsenkirchener Künstler.
Doch dass der Galeriemeile e.V. nun keinen anderen Weg mehr sah, als sich aufzulösen, ist sicherlich nicht auf zwei Jahre Pandemie zurückzuführen. Spricht man mit Menschen im Kreativ.Quartier, wird deutlich, dass der Verein sich offenbar schon seit einer Weile mehr oder weniger überlebt und zuletzt kaum noch den Eindruck eines aktiven und einigen Künstler-Kollektivs gemacht hat. Er sei „in dieser Form offenbar nicht mehr der richtige“ gewesen, von „Süppchenkocherei“ wird gesprochen und dass das Ende absehbar gewesen sei. Gleichzeitig wird aber auch die große historische Bedeutung des Galeriemeile e.V. für die Entwicklung des Quartiers hervorgehoben. Wer wisse schon, ob es ohne seine Vorarbeit heutige Projekte wie etwa die sanierte Heilig-Kreuz-Kirche jemals gegeben hätte?
Dass die Idee der Galeriemeile den Verein überleben wird, ist für Helferich fraglos. Er sieht in der Vereinsauflösung auch „die Chance einer Erneuerung und Raum für andere Ideen, Formate und Allianzen. Das Label ‚Galeriemeile’ wird sicher erhalten bleiben. Man darf auf weitere Entwicklungen gespannt sein.“
Und auch, was die Formate „Tür auf!“ und „Licht an!“ angeht, hat er gute Nachrichten:
„Einige engagierte Mitglieder versuchen zunächst, die beliebten Veranstaltungen auch ohne den Verein zu organisieren (Sponsoren sind natürlich willkommen).“