Und sonntags in die Stadtbibliothek?

Stadtbibliotheken in Gelsenkirchen in Zeiten des Wandels

 

von Joachim Sombetzki

Als kommunales Medien- und Informationszentrum ermöglicht die Stadtbibliothek Gelsenkirchen mit ihrer Zentralbibliothek und der Kinderbibliothek im Bildungszentrum, dem MedienMobil, mit den Stadtteilbibliotheken Buer, Horst und Erle allen Bürgerinnen und Bürgern einen freien Zugang zu Medien und Informationen.

Neue Trends beschäftigen die Branche. Zum Beispiel die seit 2020 mögliche Sonntagsöffnung.
Die Corona-Krise tut das Ihre dazu, den bereits bestehenden Trend zur IT zu verstärken. Wie funktioniert bei all dem die Finanzierung der Stadtbücherei?
Eine Umfrage des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv) 2021 zur Finanzlage der öffentlichen Bibliotheken klingt ansatzweise besorgniserregend. In Städten über 100.000 Einwohner sind mehr als ein Fünftel der Bibliotheken (21,9 %) akut betroffen und in weiteren
28,8 % werden Maßnahmen geplant. (Vorjahr: 40,3 % realisiert, 19,5 % geplant).
Ist Gelsenkirchen – wie z.B. Mülheim/Ruhr (2020) oder Bonn (2015/16) – ebenfalls latent von Stadtteilschließungen oder anderen Kürzungen betroffen? Oder hilft der Kommune bei einer soliden Finanzierung der Stadtbibliothek das neue Kulturgesetzbuch V – Stadtbibliotheken und Musikschulen, das seit dem 01. Januar 2022 in Kraft ist?

Ein Bibliothekssonntag in GE –
rechtlich und finanziell möglich?

Seit dem Bibliotheksförderungsgesetz NRW vom Herbst 2019 ist es rechtlich möglich, dass Städte in NRW ihre Öffentlichen Bibliotheken sonntags öffnen. Das ist deutschlandweit einmalig. Das gibt es sonst in keinem Bundesland. Die Stadtbibliotheken wurden mit diesem Gesetz den sonstigen Kultureinrichtungen – wie Musiktheater, Consoltheater oder Museum – gleichgestellt, und dürfen daher legal sonntags öffnen. Werden wir deswegen in Gelsenkirchen bald auch eine Sonntagsöffnung der Zentralbibliothek erleben? So viel gleich vorweg: Wohl eher nicht. Obwohl das schade wäre, denn der Nutzen ist durchaus erkennbar. Jedoch könnte das nicht vielleicht, wie im Fall der Stadtbibliothek Basel/CH, eine Konstellation geben, wo die Stadtbibliothek mehr Fördergelder erhält, aber dennoch einen Einbruch beim übrigen Angebot hinnehmen müsste? Dieser Fall muss nicht unbedingt eintreten, wie eine Doktorarbeit aus dem Jahr 2005(!) zum Thema „Bibliothekssonntag“ im internationalen Vergleich zeigt1. Von den Erfolgsgeschichten in anderen Ländern könnte man lernen. Im europäischen Vergleich hinkt Deutschland zumindest ganz schön hinterher. Das lag bisher am von den Gewerkschaften und der Kirche geschützten Sonntag. Neu ist schon mal eins: Ein Bibliothekssonntag wäre immerhin legal. (Übrigens: Im Gegensatz zu der seit über einem Jahr am Sonntag florierenden SB-Autowaschanlage in Bulmke-Hüllen/Nähe Europastraße). Aber ist ein Bibliothekssonntag auch ähnlich nützlich und finanziell für die Kommune tragbar?


Möglicher Nutzen eines Bibliothekssonntags


Kommunale Bibliotheken bieten im öffentlichen Auftrag Zugang zu Bildung, Informationen und Kultur. Gerade Familien, alleinerziehende und beruflich stark beanspruchte Menschen könnten dank der Möglichkeit, die Bibliotheken auch sonntags zu besuchen, überhaupt erst von den Bibliotheksdienstleistungen Gebrauch machen. Und Bibliotheken hätten die Möglichkeit, noch nutzerfreundlicher zu werden und sich den veränderten Bedürfnissen der Bevölkerung anzupassen.
Wie gut der Bibliothekssonntag von den Einwohnern angenommen wird, kann man seit einiger Zeit in der Berliner Amerika-Gedenkbibliothek mit ihren Veranstaltungsprogrammen erleben. Denn wenn Veranstaltungen stattfinden, darf die Bibliothek geöffnet sein. Und der große Erfolg der Veranstaltungssonntage gibt der Bibliothek recht.
Bislang ist die Stadt Köln jedoch die einzige Stadt in Deutschland, die ab Mitte August 2020 ihre Zentralbibliothek regelmäßig am Sonntag geöffnet hält. In der Stadt Essen, der Stadt Herne und Moers gab es – noch vor Corona – dahingehende Anträge von Ratsfraktionen. Dabei wurde auf eine für die Sonntagsöffnung notwendige Finanzierungsausstattung des Landes hingewiesen. Bei der Forderung ist es zwar nicht allein geblieben. Das Land rief im Januar das Förderprogramm ProSiB speziell für den Bibliothekssonntag ins Leben. Dennoch liegt die Sonntagsöffnung nicht nur in Essen, Herne oder Moers weiterhin in der Ferne. In Gelsenkirchen scheint das Thema hinter’m Horizont noch gar nicht aufgetaucht zu sein.
Die Gründe für all das liegen möglicherweise in den ganz normalen Fragen der örtlichen kommunalen Ratsarbeit begründet, die sich im Kulturausschuss bereits bei dem Streit um den Kulturentwicklungsplans (KEP) gezeigt hat. Hierüber berichtete die isso. im Juli 2020 in Person von Denise Klein in dem Beitrag „Die Stadt hat nichts zu verlieren“2. Immerhin ist ein Kulturentwicklungsplan mithilfe der startklar a+b GmbH, Köln/Schwerte seit November 2021 in Arbeit. Dass das Rathaus eine solche Aufgabe nicht eigenständig bewältigen kann, lässt tief runter zum letzten Platz im Städteranking blicken.


Stadtbibliothekenfinanzierung im Städtevergleich


Bevor man über die Finanzierung von Bibliotheken sprechen kann, und ob diese ausreichend ist, muss gefragt werden, an welchen Kriterien entlang eine solche Beurteilung stattfinden kann und soll. In kommunalen Angelegenheiten ist es üblich, bei solchen Fragen für eine Stadt über den Tellerrand hinaus zu sehen und zu fragen: Wie machen es die anderen? Dieses als Benchmarking („Lernen von den Besten!“) bezeichnete Vergleichen mit anderen, könnte auch mit dem verfassungsrechtlichen Auftrag zu tun haben: Eigentlich schreibt das Grundgesetz die „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse” in ganz Deutschland vor. Das macht es erforderlich, aus den Untiefen dessen aufzutauchen, was Ex-Kämmerin Henriette Reker im Bericht zum Haushalt 2009/10 in Bezug auf Gelsenkirchen im Vergleich mit Städten ähnlicher Provenienz (Herkunft) als unterhalb der Standards der Aufgabenerfüllung beschrieben hat. Um zumindest im Mittelmaß zu landen, ist also ein Streben entlang dem, was vergleichbare Städte an Standards schaffen, kommunalverfassungsrechtlich vorgegeben. Die Vergleichsstädte werden in den Jahresberichten der Stadtbibliothek auch genannt. Es sind: Krefeld, Mönchengladbach, Bonn, Münster, Oberhausen und Aachen. Als Vergleichsmaßstab wird im Jahresbericht die ähnlich große Zahl an Einwohnern angegeben. (Bonn und Münster haben ca. 50.000 Einwohnern mehr als GE).

 

Finanzierungsstandards vor und nach der Coronakrise?


Der Betrieb einer Stadtbibliothek ist keine Pflichtaufgabe für die Kommunen. Stadtbibliotheken sind somit nicht zwingend zur Daseinsvorsorge notwendig, wie zum Beispiel der Ordnungsdienst, Feuerwehr, Abwasser, Müllabfuhr sowie Kita und Schulen. Oberbürgermeister Frank Baranowski hat im Verlauf seiner Amtszeit bei den Stadtbibliotheken dennoch von sich aus eine Rote Linie gezogen. Er hat die Stadt damit fest an die Aufgabe der Stadtbibliothek gebunden. Durch diese Selbstbindung sollten Spar-
überlegungen ihre Grenze haben. Finanzielle Einschnitte, wie Stadtteilbibliothekenschließungen, die es in anderen Städten gab (zum Beispiel in Bonn im Jahr 2015), sollten nicht in Frage kommen. Seitdem sind Jahre verstrichen. In Mülheim/Ruhr wurden zeitnah Stadtteilbibliotheken geschlossen. Das lässt aufhorchen. Und wirft Fragen auf: Schafft Gelsenkirchen mit den Stadtbibliotheken den Standard der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse? Und: Ist und bleibt die Finanzierung in der Corona folgenden Zeit der Finanzkrise weiterhin gesichert?


„Gerade in der Krise darf auch das Ziel gleichwertiger
Lebensverhältnisse nicht aus den Augen verloren werden. Die Zukunftsaussichten unserer Kinder und Chancengerechtigkeit dürfen nicht davon abhängen, in welcher Region Deutschlands sie leben.“

Deutscher Städte- und Gemeindebund, Januar 2022


Fragt sich also, welche grundständigen finanziellen Hilfen die Kommunen durch Land und Bund für ihre Stadtbibliotheken erwarten können? Oder ob weiterhin nur Fördergelder für Projekte der Stadtbibliotheken vonseiten des Bundes und des Landes NRW gewährt werden?


Wandel der Finanzierungsstandards durch neue
Landesgesetzgebung?


Dass wir in Zeiten des Wandels leben, lässt sich nicht nur an Corona, sondern auch am neuen Kulturgesetzbuch in NRW ablesen, das seit dem 01. Januar 2022 in Kraft ist. Zudem gibt es ein neues Bibliotheksstärkungsgesetzes in NRW. Mit dem Bibliotheksstärkungsgesetz, das im Herbst 2019 vom NRW-Landtag verabschiedet wurde, werden Bibliotheken anderen Kulturinstitutionen gleichgestellt und können ab sofort auch sonntags von Bürgerinnen und Bürgern besucht werden. Also viele Neuerungen vonseiten des Landesgesetzgebers, worüber die Verbände, die über 70 Jahre(!) für eine Gesetzesgrundlage der Bibliotheken in NRW gestritten haben, durchaus ansatzweise erfreut sind. Doch die Freude ist verhalten. Mit dem neuen Teil Fünf des Kulturgesetzbuches NRW – Bibliotheken und Musikschulen ist nur für Letztere eine Finanzierungsregelung getroffen. Für die Bibliotheken der Städte und Gemeinden gilt weiterhin die alte Freiwilligkeitsregelung:

„Trotzdem: Der vorliegende Referentenentwurf eines Kulturgesetzbuches kann einen guten Weg zur Zukunftssicherung der Bibliothekslandschaft in NRW darstellen. Er kann dabei helfen, die bestehenden Strukturen des öffentlichen, kommunalen Bibliothekswesens zu sichern, auch wenn verbindliche finanzielle Zusagen in Form einer grundständigen Förderung oder einer verlässlichen Regelförderung bzw. eines Bibliotheksentwicklungsplans mit entsprechenden Ausbauplänen fehlen und die Öffentlichen Bibliotheken weiterhin als freiwillige kommunale Aufgabe den finanziellen Zwängen der Trägerkommunen unterworfen sind.“ Immerhin: „Damit wäre das Ziel eines Bibliotheksgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen nach 74 Jahren und zähen Bemühungen endlich erreicht.“

Dr. Johannes Borbachw-Jaene, vbnw-Vorsitzender Öffentliche Bibliotheken3
Also auf Landesebene für die Standardaufgabenerfüllung nichts Neues. Die fehlende grundständige Finanzierung überlässt die Entwicklung der Stadtbibliotheken einzelnen Förderprojekten. Zum Beispiel erhielt Gelsenkirchen für einen Ausbau der Stadtbibliotheken im Jahr 2017 einen erheblichen Zuschuss vom Land für die Selbstverbuchungstechnologie RFID. Das ist zwar schön. Aber solche Projektförderung reicht am Ende nicht, sagen die Bibliothekenverbände vbnw im Land NRW und dbv im Bund.

GE-Finanzierung auf Platz 401
– mit Bibliotheksentwicklungsplan?


Der Verbandsvorsitzende NRW spricht neben der in der Regel in den Kommunen fehlenden grundständigen Finanzierung die Möglichkeit des Handelns der Ratsverantwortlichen über einen Bibliotheksentwicklungsplan an. Städte wie Köln, München und Berlin haben natürlich einen Bibliotheksentwicklungsplan, der für die nächsten fünf Jahre aufzeigt, was gemacht werden sollte, und wie viel Geld es dafür braucht. Aber eine Stadt wie Gelsenkirchen; am Ende aller deutschen Städte auf Platz 401? Bei der Kennzahlensuche im Statistikportal der Deutschen Bibliotheksstatistik (DBS) wird offenkundig, dass die Prognos-Vergleichsstudie der Stadt Gelsenkirchen noch lange nachhängen wird. Die Deutschlandstudie, in der Gelsenkirchen einst den letzten Platz belegte, prangt auch bei der Bibliotheksstatistik auf der Website „Auswertungen” hervor.

Der Inhalt der einstigen Deutschlandstudie macht neugierig.
Die Kennzahlen (je 1.000 Einwohner):
Aktive Nutzer: 64 (GE) von 90 im Schnitt (F 10)
und Entleihungen in Bibliotheken: 4.883 (GE) von 4.444 im Schnitt (F 11) zeigen einmal einen unterdurchschnittlichen (F 10) und einmal einen leicht überdurchschnittlichen Standard (F11). Die Bestwerte lagen bei 233 (F10) und 11.844 (F11). (Stand: 2015)

Das Bibliotheksergebnis lässt sich (unabhängig davon, dass die Gesamtplatzierung seitens OB Baranowski seinerzeit insgesamt angezweifelt wurde, und die Stadt Gelsenkirchen im darauf folgenden Jahr bei der Studie keine Daten mehr mitgeteilt hat), unter anderem leicht damit erklären, dass Studentenstädte mit guten Stadtbibliotheken natürlich auch Studenten (aus anderen Städten) als Nutzer und Entleiher anziehen.
Der Fachliteraturbestand in der Stadtbibliothek Essen in meinem Studienfach war während meiner Studentenzeit zum Beispiel so gut, dass ich sehr gern und oft in Essen ausgeliehen habe, und ausleihen konnte, weil es zudem auch einen entsprechenden Festbestand an Fachliteratur und Fachzeitschriften gab, der vom Umfang her den in Gelsenkirchen weit überstieg. Die Stadtbibliothek Essen bot sich demnach als Sehnsuchtsort eines Studenten sehr an.
Schaut man sich hingegen die eigene Statistik der Stadtbibliothek Gelsenkirchen in ihren Jahresberichten an, so fällt auf, dass die Zahl der (steigenden) Ausleihen über die Jahre ein seltsames Verhältnis zum (abnehmenden) Bestand entwickeln. (Siehe Grafik)


Aber hat Gelsenkirchen einen
Bibliotheksentwicklungsplan?


Ich will es kurz machen. Die Antwort lautet: NEIN! Gelsenkirchen hat keinen Bibliotheksentwicklungsplan.
Damit wird die Frage nicht leichter zu beantworten sein, wie die mittel- bis langfristige Finanzierung geplant und gesichert wird. Geht das in Gelsenkirchen über andere Parameter als entlang dem, was man hat, und dem, was es in Zukunft braucht? Zum Beispiel allein über die Einwohnerzahl?

Eine Möglichkeit wäre es, die Finanzierung der Stadtbibliothek anhand der Zahl der Einwohner vorzunehmen. Der Verband dbv stellt auf der internationalen Ländervergleichsebene zu Deutschland unter anderem zentral darauf ab, dass zum Beispiel skandinavische Länder in etwa 50 bis 60 € pro Einwohner an Finanzausstattung in die Stadtbibliotheken stecken. Im Vergleich dazu würden in bundesrepublikanischen Kommunen im Durchschnitt nur etwa 12 € pro Einwohner in die Finanzierung von Stadtbibliotheken fließen.

Für Gelsenkirchen liegen mir Kennzahlen aus dem Jahr 2019 vor. Ich habe bewusst dieses Jahr genommen, weil die Stadtbibliotheken im Jahresbericht 2019/20 mitteilen, 2019 Meilensteine vollendet und Innovation eingeleitet zu haben. 2020 habe man das Angebot im Lockdown aufrechterhalten. Die Nutzerzahlen sind im Bereich des Digitalen heraufgegangen. Die konventionelle Nutzung ging erwartbar zurück. Für das Jahr 2019 weist die DBS-Statistik eine Finanzierung der Stadtbibliothek Gelsenkirchen in Höhe von 15,49 € pro Einwohner (264.786 Einwohner) aus. Das sieht im Detail in etwa wie folgt aus:

• Ausgaben: 4,1 Mio Euro bei 264.786 Einw.
• Eigenmittel: 3,95 Mio Euro
• Fremdmittel/Land: 27.000 Euro
• Einnahmen über Beiträge: 162.000 Euro
• Personalausgaben: 2,9 Mio. Euro (48 Stellen), 5 Ehrenamt (davon 2 VZÄ?), 6 Azubis
• Fachangestellte: 21,5
• Fachbiblio.: 12,8
• Zugang phys. Medien: 11 %
• Neuerwerb: 373.000 Euro (DBS-Soll-Neuerwerb: 1,47 €/EW = 389.235,42 €)

Die Tatsache, dass es diesen Betrag pro Einwohner in Gelsenkirchen gibt, verdeutlicht, dass er als Vergleichsgröße einen Nutzen hat. Weitere Erkenntnisse, wie Gelsenkirchen seine Stadtbibliothek behandelt, lässt sich durchaus den Jahresberichten entnehmen. Die verschiedenen Megatrends im Bereich Stadtbibliotheken, wie „Dritter Ort“, elektronische Medien etc. pp. sind hier gut nachvollziehbar dargestellt. Zwar werden die Berichte mit den Jahren kürzer (von 28 auf 8 Seiten). Die Inhalte zur Entwicklung lassen sich daraus dennoch ablesen. Nur die Daten zu den Finanzierungsgrundlagen leiden darunter, und werden mit den Jahren immer weniger. Mit der Einführung der DBS-Statistik im Jahr 2010 allein lässt sich das meines Erachtens nach nicht erklären.
Ausblick

Ohne eine substantielle Anhebung der Haushaltsmittel der Öffentlichen Bibliotheken in NRW, die es sowohl den kommunalen Stadtbibliotheken ermöglichen, die zur Begleitung des digitalen und gesellschaftlichen Wandels notwendigen Mittel, Fachkompetenzen und Personalressourcen aufzubauen, um die derzeit bestehenden, enormen Leistungsunterschiede im Land NRW, beispielsweise zwischen Köln (Sonntagsöffnung) und Gelsenkirchen (#401), zu nivellieren, besteht die reale Gefahr, dass alle Entwicklungsbemühungen der Bibliotheken über einen Projektstatus nicht hinausgelangen und innovative Angebote temporäres Stückwerk in einzelnen Kommunen oder gar Einrichtungen (Zentralbibliothek) bleiben. Dass es keinen Bibliotheksentwicklungsplan gibt, tut sein Übriges.
Ein vergleichbares Manko hat der Kulturausschuss zuletzt mit einem ähnlichen Thema eines Kulturentwicklungsplans. Da kommt weitere Arbeit auf ihn zu. Diese kann der Ausschuss mit dem Rathaus möglicherweise mit der Hilfestellung der Bibliotheksverbände hinbekommen. Denn es gibt von Verbandsseite Bibliothekspläne und neue Leitlinien für die Entwicklung der Öffentlichen Bibliotheken bis 2025.
Die in den Bibliotheksplänen empfohlenen Richtgrößen, zum Beispiel für die Anschaffung neuer Bücher und Medien von durchschnittlich 1,47 € im Jahr 2015, machen die Arbeit leichter.
Das bedeutet, wenn die Zusage von OB Baranowski weiterhin Bestand hat, dass Bildung als Schwerpunkt der SPD nicht angetastet wird, sollte ein alsbald zu erstellender Bibliotheksentwicklungsplan für die nächsten fünf Jahre dieses Versprechen in nachvollziehbare Selbstbindung des Rathauses umsetzen können. Ob darin auch Raum und finanzieller Spielraum für einen Bibliothekssonntag ist, bliebe abzuwarten.

 

Nachtrag:

Nun hat die Stadt Gelsenkirchen, Pressestelle Martin Schulmann, auf meine Presseanfrage nach Redaktionsschluss am Ende doch noch geantwortet. Es überrascht, dass die Verwaltung das Referat Bildung als zuständiges Referat angibt, da ansonsten Stadtbibliotheken landesweit unter Kultur geführt werden. Die Verbände beklagen das sogar ausdrücklich, dass sie nicht unter Bildung fungieren, weil es dann nämlich, wie bei KiTa und Schule, eigentlich Pflichtaufgabe wäre, und eine ordentliche Förderung erhalten müsste. Diese Info für die Stadtebene ist insoweit im Vergleich mit der Landes- und Bundesebene durchaus ein interessantes Politikum. Es gibt jedoch in Gelsenkirchen „keine feste Finanzierungsquote“, so die Rückmeldung:

„Die Bibliothek wird nicht nach einem festen Schlüssel finanziert. Die erforderlichen Mittel zur Aufgabenerledigung werden vom Bildungsreferat jährlich bedarfsgerecht und nach fachlichen Kriterien kalkuliert und in das verwaltungsinterne Haushaltsaufstellungsverfahren eingebracht.
Ein mittelfristiges Ziel des Referates Bildung ist die Erstellung/Einführung eines Bibliotheksentwicklungsplanes. Da es sich dabei um einen langwierigen und arbeitsintensiven Prozess handelt, in dem viele Aspekte der Arbeit partizipativ geklärt und in mehreren Instanzen, Workshops und Gremien bearbeitet werden, bedarf es einer langfristigen Planung zur effektiven Durchführung und Auswertung der Ergebnisse. Dazu müssen zeitliche und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen, deren Einsatz ebenfalls solider Planung und Vorbereitung bedarf.
Die Stadtbibliothek erhält keine feste Förderung, sondern wirbt Fördermittel – soweit möglich – projektbezogen ein. Hierfür stehen zum Beispiel Förderkulissen des Landes über die Fachstelle für öffentliche Bibliotheken oder Stiftungsmittel (zum Beispiel der Stiftung Lesen) zur Verfügung.“


Fazit:

Schlußendlich rundet die fehlende Info des beteiligten Gremiums auf Ratsebene (Kultur- oder Bildungsausschuss) die verspätet eingegangene Presse-Info ab. Für den Rat bleibt – wie bereits oben skizziert – so oder so viel Arbeit, um die Stadtbibliothek auf ein solides finanzpolitisches Podest zu hieven, damit es den erklärtermaßen anstehenden Herausforderungen für die Zukunft gewachsen ist.

 

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