Ein Jahrzehnt in grün-orange

Kultbar, Eckkneipe, Szenetreff. Das alles und noch viel mehr – das ist die rosi!
Zum runden Geburtstag wurde drei Tage lang in der Weberstraße gefeiert. 

Seit 10 Jahren ist die rosi ein Ort, wo Geschichte geschrieben wird, sich legendäre Nächte ereignen, Freundschaften geschlossen oder auch mal beweint werden. Sie ist Ursprung verschiedenster Erinnerungen und als beständige Instanz in der Gelsenkirchener Gastronomie- und Veranstaltungsszene nicht mehr wegzudenken.

Eine rosi ist eine rosi, ist eine rosi

Als Nachfolge-Projekt der alten rosamunde in der Franz-Bielefeld-Straße eröffnete Cem Özdemir nach einer kurzen Schaffenspause im Mai 2013 die jetzige rosi in den ehemaligen Räumlichkeiten des Café Central. Aus allem, was sich zusammenfinden ließ, wie wild durcheinander gewürfeltem Mobiliar und Retro-Style-Elementen, mit einem Hang zum Improvisierten, entstand eine unprätentiöse Location mit einzigartigem Charme.

Bei seinem Wegzug nach Wilhelmshaven in 2017 übergab er den Laden an Erwin Wilms, dessen Schwester Evelyn Eone und ihrem Mann Jacques. Als das Lokal 2021 wiederum zum Verkauf stand, übernahmen Benedikt Zisch und Nadine Heckner das Geschäft. 

Alle eint eine freundschaftliche Verbundenheit mit der rosi und der Wunsch, diese in bewährtem Gewand und mit gleichbleibender Philosophie zu betreiben. 

Dazu äußerte sich Cem Özdemir im Gespräch folgendermaßen: „Wenn ich alle Jubeljahre mal in der rosi bin, erfüllt es mich mit Stolz und ich bin aus tiefstem Herzen dankbar, dass der Laden vom Grundcharakter her gleich geblieben ist. Das ist nichts, was man von nachfolgenden Besitzern verlangen kann. Und das ist ein wirklich schönes Gefühl. Ich bin Paetzy, Eone&Eone, Benedikt und Nadine sehr dankbar dafür, dass sie es so bewahren“. Und auch Erwin Wilms stimmt ein: „Wir waren sehr glücklich darüber, dass mit Nadine und Benedikt als Nachfolge der Spirit der rosi weitergelebt wird.“ 

Als Neueinsteiger in der Gastronomie bedeutet es eine nicht unerhebliche Herausforderung für die beiden (+ Sohn Benno), die sie seit der Übernahme mit viel Einsatz und Engagement zusammen meistern. Der Kauf war für sie in erster Linie eine Herzensangelegenheit, um den Ort als Anlaufstelle in Gelsenkirchen zu erhalten. 

Cem und Paetzy vor der rosi
Cem und Paetzy vor der rosi

Der dritte Mann

Nicht ganz zehn Jahre begleitet eine weitere Person die Geschicke der rosi. Als Mensch hinter und vor dem Tresen sowie Koordinator, Organisator und Schnittstelle für alles Mögliche stellt Stefan Paetz – besser bekannt als Paetzy – seit neun Jahren seine Fähigkeiten in den Dienst der Kultkneipe. 

Die Höhen und Tiefen der letzten Jahre hat er alle mitgemacht. Insbesondere während der Pandemie hielt er zusammen mit Thekenkraft Maria die Stellung. Im Innenbereich wurde neu gestrichen, ausgebessert und repariert. Zu den Kioskverkäufen, bei denen die bekannten Signature-Shots Makrönchen und Mexikaner in Flaschen zu einem Unterstützerpreis herausgegeben wurden, begrüßte er corona-konform die rosi-Supporter und freute sich über bekannte Gesichter und einen kurzen Austausch.

Weißte noch?

In dieser Zeit entstanden, bleiben die Online-DJ-Sets „stay at home and dance“ mit Paetzy und Dennis an den Reglern eine Besonderheit. Die beiden bescherten der rosi-Gemeinde mehrfach ein abendfüllendes Begleitprogramm mit Musikwünschen vor den heimischen Bildschirmen sowie witziger Moderation und mindestens einem Computer-Absturz. 

Jetzt wieder live, steht Dennis als Main Act hinter den Turntables, wenn einmal im Monat zum After Work Techno geladen wird. Je nach Terminlage bekommt er Verstärkung durch Krischan Jan-Eric Wesenberg, der ansonsten mit der Gruppe Roter Sand durch die Welt tourt, wenn er nicht in seinem Gelsenkirchener Tonstudio produziert. Dennis aka Dennisúr Geórgeson und DJ Dillawood krönten zudem mit ihren Sets den dreitägigen Geburtstagsmarathon zum Zehnjährigen.

Der Tanz in den Mai gilt fast schon als Pflichttermin, um mindestens einmal in der rosi vorbeizuschauen. Das etablierteste Format ist allerdings die Homecoming-Party einen Tag vor Weihnachten. Treffpunkt für Heimgekehrte und Anlaufstelle, um mit großem Hallo die Wiedersehensfreude zu feiern. Alles rund um den Weihnachtsbaum, der traditionell ein paar Wochen vorher von rosianern gemeinschaftlich geschmückt wurde.

Auf weitere Highlights der vergangenen Jahre angesprochen, findet Cem Özdemir besonders die hochkarätig besetzte Jazzreihe DSF@rosi erwähnenswert. Schlagzeuger Daniel Sanleandro Fernández lud dazu einmal im Monat professionelle und international bekannte Musiker*innen zur Live-Session in die Weberstraße. Jedes Konzert wurde im Mehrspurverfahren aufgenommen und anschließend auf einem USB-Stick zur Verfügung gestellt. 

Das Gelsen City Sound mit einer rauschenden Partynacht in mehreren Altstadt-Kneipen lockte 2016 zum St. Patrick’s Day auch in die rosi. Der irische Feiertag wird dort jedes Jahr groß gefeiert. Mit passender Live-Musik, viel Deko und dem Anlass entsprechend, extra angeschafften Getränken. Da ist das Makrönchen dann auch schon mal grün statt gelb. „Ich liebe ja Irland und irische Musik“, sagt Paetzy, der vor seiner Zeit in der rosi bereits im Chief O‘ Brien hinter der Theke stand. „An einem Abend kamen Schotten in den Laden. Die waren völlig begeistert, was wir für eine Whisky-Auswahl hatten und haben alles ausgetrunken und mit uns zusammen bis in die frühen Morgenstunden Musik gehört. Wenn demnächst Roland Kaiser in Schottland groß wird, ist das unter Umständen meine Schuld“, schmunzelt er.

Auch die T-Shirt-Aktion „Ich habe Hausverbot im Consi“ mag dem einen oder anderen noch im Gedächtnis geblieben sein (2015). Eine fingierte Fehde mit der Kneipe an der Wanner Straße mündete in einem medial begleiteten Spektakel zwischen Cem und Olaf, dem damaligen Besitzer des Consi. Unweit des Grillo-Gymnasiums wurde in einem Wettkampf (mit Ringewerfen und Spritzpistolen-Duell) der Streit zwischen den beiden Kontrahenten schließlich beigelegt und mit viel Musik und Bier begossen.

Etwas jüngeren Datums ist die Lesung von Sarah Bauer, an die sich Nadine Heckner gerne zurückerinnert. Die Autorin trug aus ihrem Buch „Angst ist keine Ausrede“ vor, das von der Verwirklichung ihres großen Traums handelt, alleine durch die USA zu reisen. Zusätzlich weihte Sarah die neue Ausstellungswand im Gastraum ein, auf der ausgesuchte großformatige Bilder ihrer Reisen abgebildet waren. 

Wandelbar

Neben den regelmäßig gesetzten Terminen sind weitere Veranstaltungen bereits in Planung. Diverse Konzert-Acts wechseln sich mit Lesungen ab und zu besonderen Anlässen bietet die rosi außer der Reihe sonntags Kaffee, Kuchen und Waffeln an. Im August eröffnen sich mit den Stadtterrassen noch einmal ganz andere Möglichkeiten für die Bespielung des öffentlichen Raums. Das von der Stadt Gelsenkirchen unterstützte Projekt der Insane Urban Cowboys & -girls beinhaltet die einmonatige Belegung der umliegenden Parkflächen, auf denen Module wie Bänke, Pflanzkübel, Bühnenpodeste und Tischgarnituren Platz finden werden. Das Experiment wurde bereits im Herbst 2022 in Buer an der Hagenstraße geprobt und findet im Sommer 2023 jetzt seine Fortsetzung rund um die rosi. Gemäß dem Motto „Autos runter, Menschen und Kultur rauf!“ soll dadurch die Aufenthaltsqualität erhöht werden und mit einem abwechslungsreichen und kostenfreien Kulturprogramm ein mögliches Zukunftsszenario simuliert werden, wie sich öffentlicher Raum entwickeln und nutzen lässt, wenn mehr Menschen als Autos die Straße frequentieren.

Benedikt Zisch löscht mittlerweile auch den Durst hinter der Theke

2024 verwandelt sich die Szenekneipe sogar in ein Aufzeichnungsstudio für eine Sportsendung im Rahmen der Europameisterschaft 2024. Es bleibt also spannend!

Die isso. bedankt sich auf diesem Wege, dass die rosi von Anbeginn des Magazins treue Anzeigenkundin ist und wünscht von Herzen alles Gute für die Zukunft! 

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Ein Gedanke zu “Ein Jahrzehnt in grün-orange

  1. „The Times They Are a-Changin’“ – und dennoch bleibt die ROSI weiterhin die beste Bar in einer ansonsten bedauerlicherweise an guten „Trinkhallen“ raren Stadt. Gemütlicher Kitsch trifft urbanen Retro-Charme. Immer authentisch und mit Paetzy den herausragenden Bartender, der Ian Curtis nicht für einen neuen KI-basierten Influencer hält.
    Wer mag erfreut sich bei einer Flasche des lokalen GEbräu an der großartigen Musikauswahl und schaut derweil den draußen über die Weberstraße bretternden, wahlweise perlweißen oder mattschwarzen Mercedes-Luxusfahrzeugen, zu, im Cockpit mit Basecap, Schirm nach hinten, 18, 20, 22 Jahre alte mit Testosteron vollgepumpte Profilierungsfahrer.

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