Plattgemacht

Löhrhalde droht
Gewerbe zum Opfer zu fallen

Die Anwohner der Zeche Holland in Ückendorf sind entsetzt. Vor ihren Augen und hinter ihrem Garten verwandeln Bagger die angrenzende Löhrhalde derzeit in eine Mondlandschaft. Quasi über Nacht hat der Eigentümer des Grundstücks begonnen, den dichten Baumbewuchs abzuholzen. 24.000 qm renaturierte Fläche, auf der sich in den letzten Jahrzehnten Füchse und Vögel angesiedelt haben und die die Wohnsiedlung vom angrenzenden Gewerbegebiet schützt. Vor allem Lärm und hohe Staubent-wicklung könnten künftig ungehindert die Anwohner der Zeche Holland belasten.

Für Presseanfragen ist die Rohstoffhandel Heinrichs GmbH & Co.KG dieser Tage nicht zu erreichen. Die Homepage ist im Wartungsmodus, und auch telefonisch ist kein Vorankommen möglich. Was die Eigentümer mit dem Gelände vorhaben, darüber kann man nur spekulieren. Aber die Maßnahmen und auch der Zeitpunkt, wann man mit diesen begonnen hat, lässt darauf schließen, dass mehr Gewerbefläche, sei es zum Lagern oder zum Parken, gebraucht wird.

„Vom Juniorchef wurde uns gesagt, dass man vorhabe, die ganze Halde bis auf die an unseren Garten angrenzende Mauer abzutragen. Er wolle das hier ‚plattmachen‘“, erzählt Anwohnerin Tania Reinicke, die über das Vorgehen erbost ist. Diese Mauer hat eine Höhe von etwa 1,30 Meter, und realisiert Heinrichs sein Vorhaben, wäre der schützende Wall zum Gewerbegebiet Geschichte. Laut Tania Reinicke habe Heinrichs allerdings nur eine Genehmigung für Baumschnittmaßnahmen, was ihrer Meinung das Abtragen ganzer Erdschichten nicht rechtfertigen würde.

„Eine Überprüfung der Stadt hat ergeben, dass es sich bei der Löhrhalde um einen Außenbereich handelt. Damit ist Gelsendienste mit der Baumschutzsatzung raus, und dafür kommt die Untere Naturschutzbehörde ins Boot, die soeben die Baustelle wegen eines nicht genehmigten Eingriffs in Natur und Landschaft stillgelegt hat. Noch unklar ist, ob die Rodung genehmigungsfähig ist oder nicht. Auf jeden Fall muss sie zuvor beantragt werden. Das ist nicht geschehen“, lässt die Stadt sich über Stadtsprecher Martin Schulmann zur Causa ein.

Für die Anwohner herrscht nun ein bisschen mehr Klarheit, doch bescheinigen sie nach eigenem Ansehen, dass die Rodungsarbeiten auch noch am Nachmittag nach der offiziellen Stilllegung weiterging. Angesichts dessen fühlt man sich hilflos weiterhin ob der „Wildwestmanier“, wie Anwohner Ekkehart Bussenius das Gebaren des Schrotthändlers nennt. Er fragt sich, wie man ohne Sicherungsmaßnahmen mit den Baggern bis an die Mauerkante arbeiten will? Ob die Mauer bei diesen Erdbewegungen noch sicher ist, wagt er zu bezweifeln. Die noch stehengelassenen Bäume vor seinem Haus haben durchaus das Potenzial, auf das Grundstück zu fallen und stellen somit eine Gefahr für Bewohner und Haus dar.

Für Ekkehart Bussenius´ Sohn Noa, 12 Jahre alt, ist eine ganz andere Sache besonders traurig. Seit rund zwei Jahren beobachtet er die Tiere, die sich die Halde zum Heim gemacht haben. Hier hat er schon Rotfüchse ausgemacht, Grünspecht und Eichelhäher genauestens studiert. Besonders angetan hat es ihm eine Mäusebussardpaar, das seinen Horst in Sichtweite zu seinem Garten hatte.
„Im letzten Jahr konnte ich beobachten, wie sie ihre Brut aufgezogen haben. Bis vor ein paar Tagen war das Paar auch noch da. Jetzt sind sie weg“, erzählt er.


Der unter Naturschutz stehende Mäusebussard spielt eine wichtige Rolle im Ökosystem, da er eine Vielzahl von Nagetieren jagt, einschließlich Mäusen, Ratten und Kaninchen. Dass das Vogelpaar nun auch von seiner Halde vertrieben ist, darüber ist Noa besonders traurig.

Die mangelnde Transparenz, was der Eigentümer der Löhrhalde nun vorhat, lässt die Bewohner fassungslos zurück. Gerade die Frage nach Kontaminierung des Bodens und einer eventuell angedachten Bebauung des Geländes treibt sie um. „Es kann doch nicht sein, dass man Blumenkübel auf der Bochumer Straße aufstellt, um dem Umweltgedanken gerecht zu werden, und ein paar hundert Meter weiter werden 2,4 Hektar Wald abgeholzt“, zeigt sich Ekkehart Bussenius verständnislos.

Die Versiegelung von Flächen in Städten hat weitreichende Auswirkungen auf die Natur und den Menschen. Dies führt zu einem Rückgang der Biodiversität und beeinträchtigt die ökologischen Funktionen von Stadträumen wie Luftreinigung, Wasserregulierung und Klimaanpassung. Bei Starkregenereignissen kann es zu Überschwemmungen und Schäden kommen, in Trockenperioden zu einem erhöhten Bedarf an Trinkwasser, da die natürlichen Wasserspeicher fehlen. Zudem steigt durch die Versiegelung von Flächen in Städten die Oberflächentemperatur, was zu einer Erhöhung der lokalen Temperaturen und damit zur Entstehung von Hitzeinseln führen kann.

Dass die Rodungsaktion nun auch den Immobilienstandort Zeche Holland degradiert, ist den Anwohnern durchaus bewusst. „Wer will hier denn noch leben, wenn wir Tür an Tür mit der Industrie wohnen?“, stellt Tania Reinicke in den Raum. Nun hoffen die Anwohner auf ein Innehalten der Bauaktivitäten. Doch der kommunikative Rückzug Heinrichs´ lässt nichts Gutes erahnen.

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Ein Gedanke zu “Plattgemacht

  1. Zu erreichen dürfte dieser Mensch bei der SG WATTENSCHEID 09 sein.
    Wie ich heute erschreckenderweise lesen musste ist dieser Mensch Generalsponsor in der Jugend meines Heimatvereins. Wir, kürzlich von Wattenscheid nach Gelsenkirchen gezogen und unmittelbar betroffen von diesem Problem zerreißt es das schwarz-weiße Herz.
    In der Tat ist es so das hier eine Vielzahl an Tieren lebt die sogar unsere Gärten hier regelmäßig besucht hat. Nachdem die Arbeiten dort begonnen haben ist es mit den Besuchen deutlich weniger geworden was unmittelbar mit der Abholzung auf dem Gebiet zu tun haben muss.

    Wir hoffen doch sehr das uns dieser Grüngürtel
    ( der Rest der noch übrig ist ) erhalten bleibt denn davon haben wir nicht mehr all zu viel.

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