Zoff im Rathaus

Schlägt´s jetzt dreizehn?

 

In der Ratssitzung am 03. Dezember 2020 wurden unter anderem die Vorsitzenden der Fachausschüsse bestimmt. Der Rat hatte in der Sitzung vom 26. November die Anzahl der Fachausschüsse unproblematisch auf 15 festgelegt. Die Wahl der Ausschussvorsitze machte hingegen durchaus Probleme.

Die Problemlage
Zwei Ausschüsse fielen wegen gesetzlicher Vorgaben zur Bestimmung der Ausschussvorsitze per se weg. Das gilt für den Hauptausschuss (Vorsitz: Oberbürgermeisterin Karin Welge), und für den Jugendhilfeausschuss (Vorsitz: reserviert für den Jugendamtsleiter Wolfgang Schreck). Für die restlichen 13 Ausschüsse sollten die Vorsitzenden gewählt werden. Das geschieht laut Gesetz gemäß Vorlage der Verwaltung auf unterschiedliche Art und Weise. Entweder durch Wahl nach einheitlichem Vorschlag. Wenn der nicht zustande kommt, durch Bestimmung nach Anzahl der errungenen Ratssitze der Fraktionen gemäß gesetzlicher Berechnungsgrundlage nach d’Hondt; gegebenenfalls aufgrund von Listen verschiedener Zählgemeinschaften, die Fraktionen bilden können. Vorliegend kam es zur Listenwahl mit zwei Zählgemeinschaften. Und anschließend daran zu Querelen. Die gilt es zu beleuchten.


Für alle diejenigen, die die Besetzung mit Pöstchen nicht interessiert, sei der folgende Abgesang eines Berliner Abgeordneten zum Abgang empfohlen, der das Schachern um Posten – hier: der Ausschussvorsitze – gegenüber einer präpotenten1 Verwaltung auf seine Art angemessen relativiert. Wie ich am Ende meines Beitrags zeigen werde, kann die Besetzung eines Ausschussvorsitzes gleichwohl von großer Wichtigkeit für eine gelebte Demokratie, was ja Begrenzung und Kontrolle der Macht der Verwaltung beinhaltet, vor Ort sein. Das setzt allerdings voraus, dass man im Rathaus seitens der Mehrheitsfraktionen und der Verwaltung (Dualismus) seine Macht nicht missbraucht, sondern die Minderheitenrechte der Opposition aus dem Demokratieprinzip der Verfassung gemäß dem Grundsatz der Effektiven Opposition beachtet.

Der allgemeine Frust um die Demokratie
Dass das Parlament, also auch das Ratsparlament vor Ort, die Ursache für den allgemeinen Frust ist, das hat ein Lokalpolitiker der SPD in Berlin mal so auf den Punkt gebracht:

„Parteienpolitik ist ziemlich unerträglich, weil sie eben nicht dazu führt, dass sich die Leute am Ende des Tages mit Politik beschäftigen, die sich – zumindest meiner Meinung nach – mit Politik beschäftigen sollten. Zumindest kompetente Leute, die ins Parlament gehen und zum Wohle der Bevölkerung Dinge machen und tun. Sondern Parteienpolitik führt dazu, dass am Ende nur die übrig bleiben, die in der Lage sind, emotional und psychisch komplett zuzumachen und viel, viel Scheiße zu fressen. Um dann irgendwann einmal einen vermeintlich interessanten Posten zu bekommen, auf dem man dann auch wiederum nicht so viel machen kann, weil man einen riesengroßen Verwaltungsapparat unter sich hat, der so eine Einstellung hat: ‚Ey, ich habe schon viele kommen und gehen sehen. Den sitze ich jetzt auf einer Backe aus!’ Aber ich glaube, das Berliner Abgeordnetenhaus ist auch dazu gut geeignet, einmal die Politikverdrossenheit der Leute zu befördern, die in diesem Parlament sitzen, aber auch der Leute, die sich das angucken, die von den Entscheidungen dieses Parlaments betroffen sind.“ 2

Von den Politkverdrossenen in Gelsenkirchen möchte ich mich nun nach diesem Abgesang verabschieden, es sei denn, ich konnte eingangs doch ihr Interesse für eine Wende am Ende wecken.


Die konkrete Situation

Die Wahl der Ausschussvorsitzenden nach dem Listenmodell – hier mit zwei Listen – macht schon mal Probleme, weil sich Gruppen und Fraktionen benachteiligt fühlen können, wenn sich die gesetzliche Verteilung der Vorsitze hierdurch ändert. Das ist vorliegend der Fall. In Ermangelung einer Pressemitteilung zum Nachgang der Ratssitzung fragte ich bei den Fraktionen an, was geschehen sei. Die CDU bestätigte in Person ihres Fraktionsvorsitzenden Sascha Kurth die Verteilung der Vorsitze – SPD 6, CDU 3, GRÜNE 2, AfD 1 und WIN 1. Die GRÜNEN und WIN verifizierten dieses Ergebnis. Die AfD gab keine Rückmeldung. Laut Information von WIN-Chef Ali-Riza Akyol hatte die Verwaltung die gewünschte Beteiligung der Gruppe von Die PARTEI zur Liste der Zählgemeinschaft WIN/LINKE (je drei Ratsmitgl.) abgelehnt. Die WIN hat dem widersprochen und will dagegen klagen. Fraglich ist, ob das Fehlen der Beteiligung von Die PARTEI Auswirkungen auf die Wahl bzw. die Wirksamkeit der Wahl haben könnte. Nach meinen Berechnungen auf der Basis von d’Hondt nicht.3
Die AfD hat durch die Listenwahl gegenüber der gesetzlichen Berechnung einen Ausschussvorsitz verloren. Laut Gesetz stehen ihr nach meinen Berechnungen, mit gleichem Wahlausgang wie den GRÜNEN mit je elf Ratsmitgliedern, eigentlich ebenfalls zwei Ausschussvorsitze zu. Obwohl die AfD auf meine Anfrage nicht antwortete, kann nicht zwingend davon ausgegangen werden, dass sie das nicht weiter stört. Immerhin könnte der Verlust insgesamt problematisch sein, wenn dies zur Chancenungleichheit der Wählerstimmen führen würde. Aus den Rückmeldungen von CDU und GRÜNEN lässt sich herauslesen, dass sie das unproblematisch finden. Der Spiegelbildlichkeitsgrundsatz sei bei der Wahl der Ausschussvorsitzenden – anders als bei der Wahl der Ausschusssitze selbst – nicht anzuwenden. Das gilt es zu beleuchten. Vor allem ist zu fragen, ob es weitere Beschränkungen gibt, die zu beachten gewesen wären, wie zum Beispiel das Willkürverbot der zielgerichteten Benachteiligung – hier zulasten der AfD.

Wert der Wählerstimmen –
Spiegelbild in den Ausschüssen


Durch den Zusammenschluss zur großen Zählgemeinschaft aus SPD, CDU, GRÜNE und FDP blieb der SPD ein Vorsitz erhalten, den sie – allein gegen die WIN-Liste – sonst vielleicht verloren hätte.
Die Wählerinnen und Wähler könnten sich im Anschluss hieran fragen, ob ihre Stimme bei der Kommunalwahl für eine der kleineren Parteien noch den gleichen Wert hat, wie für eine der großen. Und zwar nur deswegen, weil sich die Mehrheitslisten-Fraktionen im Großen und Ganzen einig waren, dass sie die Kleinen benachteiligen wollen. Und das aufgrund ihrer Stimmenmehrheit offensichtlich wohl auch können.
Oder vielleicht doch nicht! Den Grundsatz der Spiegelbildlichkeit beschreibt das OVG Münster4 ganz allgemein wie folgt:

„Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG überträgt die Grundentscheidung der Verfassung in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Gemeinden. Daraus folgt, dass die Gemeindevertretung, auch wenn sie kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft ist, die Gemeindebürger repräsentiert. Diese Repräsentation vollzieht sich nicht nur im Plenum, sondern auch in den Ausschüssen der Gemeindevertretung. Deswegen muss grundsätzlich jeder Gemeindeausschuss ein verkleinertes Bild des Plenums der Gemeindevertretung sein und in seiner Zusammensetzung deren Zusammensetzung widerspiegeln. Auch Gemeindeausschüsse dürfen nicht unabhängig von dem Stärkeverhältnis der Fraktionen besetzt werden, über das die Gemeindebürger bei der Wahl der Gemeindevertretung mit entschieden haben. Vielmehr müssen auch diese Ausschüsse grundsätzlich als verkleinerte Abbilder des Plenums dessen Zusammensetzung und das darin wirksame politische Meinungs- und Kräftespektrum widerspiegeln. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit soll sicherstellen, dass der Ausschuss die Zusammensetzung des Plenums in seiner konkreten, durch die Fraktionen geprägten organisatorischen Gestalt verkleinernd abbildet. Da der Abgeordnete frei ist, sich in Fraktionen zu organisieren, sind die Fraktionen als politische Kräfte ebenso gleich und entsprechend ihrer Stärke zu behandeln wie die gewählten Gemeindevertreter untereinander.“

Um es kurz zu machen: Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Spiegelbildlichkeit bei der Besetzung der Ausschüsse findet bei der Wahl der Ausschuss-Vorsitzenden keine Anwendung. Dafür gibt es nachvollziehbare sachliche Gründe.

Keine Spiegelbildlichkeit
bei den Vorsitzen der Ausschüsse?


Das Teilhabeprinzip mit dem Spiegelbildlichkeitsgrundsatz findet ihre Grenze, wo der Landesgesetzgeber für die Wahl der Ausschussvorsitze Bestimmungen festlegt, die an das besondere Amt gebunden sind. Das Bundesverfassungsgericht5 hat das für den Bundestag im Jahr 1991 zur ausschließlichen Beteiligung von Fraktionen so formuliert:

„Die Antragstellerin [ohne Fraktionszugehörigkeit] hat kein Recht auf Berücksichtigung bei der Vergabe von Ausschußvorsitzen und ihrer Stellvertretung. Das Amt des Vorsitzenden ist zwar an die Mitgliedschaft im Bundestag gebunden, ist aber selbst kein spezifisch mitgliedschaftliches Recht, unterliegt daher auch nicht dem Einfluß des Prinzips gleichberechtigter Teilnahme an den Aufgaben, die dem Bundestag nach dem Grundgesetz übertragen worden sind (vgl. BVerfGE 80, 188 [217 f.]). Beschränkt die Geschäftsordnung die Vergabe dieser Ämter auf die Vertreter der Fraktionen, so ist damit lediglich über die personale Wahrnehmung der mit dem Ausschußvorsitz verbundenen besonderen Leitungsbefugnisse eine Vorentscheidung getroffen. Dies hält sich im Rahmen der dem Bundestag zustehenden Geschäftsordnungsautonomie.“

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Beschränkung der Teilhabe bei der Wahl der Aussschussvorsitze für den Bereich der Kommunen auf Gemeindeebene heruntergebrochen, und die Beschränkung auf die Fraktionen durch den Landesgesetzgeber6 mittels Gemeindeordnung vom Ansatz her wie folgt legitimiert:

„Wie die Spiegelbildlichkeit im Detail verwirklicht werden soll, liegt daher in der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers.“

 

Der Landesgesetzgeber hat mit § 58 Abs. 5 GO NRW das Berechnungsverfahren nach d’Hondt vorgegeben, wenn die Fraktionen sich nicht alle einig sind. Er hat – anders als bei der Wahl der Ausschussmitglieder selbst – die GRUPPEN von der Beteiligung an der Wahl der Ausschussvorsitze ausgeschlossen. Das hält sich im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz.


Es würde gerade nicht um das Verhältnis zwischen den Sitzen im Rat und im Ausschuss gehen. Damit kann die Relation zwischen den in den Kommunalwahlen erreichten Prozenten und den Ausschussvorsitzen keine Rolle spielen. Die Regelung des Vorsitzes ist eine Geschäftsordnungsangelegenheit des Rates, die dieser auf der Basis der Landesermächtigung durch die Fraktionen entsprechend ihrer Gewichtung selbst vornehmen kann. Die Chancengleichheit der Wahlstimmen wäre demnach nicht verletzt. Einer anderen als der gesetzlichen Verteilung der Ausschussvorsitze könnte hier durch das Rechtsstaatsprinzip mit dem Willkürverbot eine Grenze gezogen sein, wenn der Verlust eines Vorsitzes für die AfD-Fraktion das alleinige Ziel der anderen Fraktionen gewesen wäre.

Das Willkürverbot


Wenn die Listenwahl nur vollzogen worden wäre, um der AfD zielgerichtet einen Vorsitz zu entreißen, könnte das dem Willkürverbot der Verfassung widersprechen.

„Das Willkürverbot, welches aus der Bindung des Staates an Gesetz und Recht gemäß Art.20 Abs. 3 GG fließt, verbietet eine Differenzierung ohne sachlichen Grund und allgemein Entscheidungen auf der Grundlage sachfremder Erwägungen. Ein sachlicher Grund fehlt, wenn sich vernünftige, aus der Natur der Sache sich ergebende oder sonst wie einleuchtende Gründe nicht finden lassen.“

„Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt insbesondere vor, wenn die Ausschusszahl missbräuchlich so klein gewählt wird, dass dadurch gezielt kleinere Gruppierungen von einem Sitz ausgeschlossen werden.“ 7

Eine dieser Entscheidung entsprechend zu geringe Anzahl der Fachausschüsse, um eine Fraktion zu benachteiligen, ist nicht ersichtlich. Die Anzahl der Ausschüsse ist mit 13 so hoch wie in der vorherigen Amtszeit.
Die Bildung der Zählgemeinschaften diente möglicherweise nicht der zielgerichteten Ausgrenzung, sondern der gesetzlich legitimierten Ziele des Gewinns eines Vorsitzes auf Seiten der WIN bzw. des Erhalts der Anzahl (SPD + GRÜNE) der Vorsitze der beiden Fraktions-Zählgemeinschaften. Der Verlust eines Vorsitzes der AfD erfolgt nach dieser Sichtweise beiläufig dieser Zielsetzung. Eine geringe Abweichung von der gesetzlichen Regelung durch Mehrheitsbildungen erlaubt der Gesetzgeber als Ausdruck des Mehrheitsprinzips, da auch Berechnungen mit unterschiedlichen Berechnungsmethoden immer auch Abweichungen ergeben, demnach nie absolut gerecht sein können.

Kommentar

Aus meiner Sicht: „Soweit geht die Wahl der Ausschussvorsitze in Ordnung, Herr Notar!” Nach meiner Prüfung der unterschiedlichen Verteilungen der Ausschussvorsitze, drohte der SPD mit Ankündigung der WIN/LINKE-Zählgemeinschaft der Verlust eines Ausschussvorsitzes. Dass die SPD dafür bekannt ist, derartige Verluste zu vermeiden, wird niemanden verwundern. Aber auch die GRÜNEN mussten – einem Verlust eines Vorsitzes vorbeugend – sich zur großen Zählgemeinschaft dazu gesellen. Es ist ihr gutes Recht, gegen den Verlust anzukämpfen und im Rahmen des Erlaubten etwas zu tun. Das folgt aus dem Mehrheitsprinzip der Verfassung, das über Art. 28 GG, der die demokratische Struktur auf die Kommunen verlagert, auch in den Gemeindeparlamenten gilt. Die Verfassung, inklusive Minderheitenrechte und Willkürverbot, ziehen die Grenze des den Fraktionen per Gesetz Erlaubtem.


Die neue Hauptverwaltungsbeamtin, Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD), täte allerdings gut daran, den Eindruck zu vermeiden, die Verwaltung hätte unter ihrem Regime etwas zu verbergen. Wenn die Verwaltung vorab in der Verwaltungsvorlage die gesetzliche Verteilung der Ausschussvorsitze auf Fraktionen nach d’Hondt nicht mitliefert, und nach der Ratssitzung vom 03. Dezember bis heute (Stand: 29.12.2020) keine Pressemitteilung über den Sachverhalt herausgibt, ist das ein intransparentes, undemokratisches, präpotentes Verwaltungsgebaren. Das zusammen genommen hat, im Zuge der bekannten SPD-Manieren, die auch im Kommunalwahlkampf nicht sauber daherkamen, dazu geführt, zu glauben, hier würde es – aufgrund der fehlenden Transparenz des Verfahrens im Vorfeld und im Nachgang – nicht mit rechten Dingen zugehen. Dass es das nicht ist, sondern quasi en passant zulasten der AfD, die einen Ausschussvorsitz gegenüber der gesetzlichen Berechnungsgrundlage verliert, sauber zuging, verwundert immerhin.


Der WIN/LINKE ist zuzugeben, dass ihr die fehlende Gruppenbeteiligung von DIE PARTEI zurecht nicht gefallen mag. Tatsächlich ist dies aber verfassungsrechtlich unproblematisch, da der Landesgesetzgeber vorsehen darf, Einzelmandatsträger und Gruppen bei der Wahl der Ausschussvorsitze – anders als bei der Beteiligung der Ausschusssitze (!) – nicht zu beteiligen. Im Übrigen spielen die zwei Sitze gemäß meinen durchgeführten Berechnungen nach d’Hondt ohnehin keine Rolle. Wer möchte, kann auf meinem Rathaus-Blog die Ergebnisse einsehen.


Die Bedeutung der Wahl der Ausschussvorsitze für die Zukunft, macht ein Blick in die jüngste Rathaus-Historie der Stadt Gelsenkirchen deutlich. Im Jugendamtskandal 2015 hatte die SPD ihren Mann als Ausschussvorsitzenden des Aufklärungsausschusses (AFJH) durchgesetzt. Sie gab an, wieder an der Reihe zu sein. Diese Begründung war eher schnöde und nicht hinreichend demokratisch legitimiert. Denn das Demokratieprinzip erfordert es, eine effektive Opposition zu gewährleisten. Nicht nur die Mehrheit hat Rechte. Die Minderheit auch. Und diese sind damals missachtet worden. Insofern kann es nicht verwundern, wenn die interessierte Öffentlichkeit jetzt einen streng-prüfenden Blick auf die Wahl der Ausschussvorsitze hat, die bei ihrer Arbeit dort erklärtermaßen bei Anwendung von Geschäftsordnung, Hauptsatzung, Gemeindeordnungsrecht und Verfassungsrecht – nach Zuflüstern durch die Verwaltung im Wege eines vehementen Dualismus – durchaus Einiges behindern oder eben auch zulassen können.


Normalerweise sollte man in einer Demokratie ja erwarten dürfen, dass ein Aufklärungsausschuss zur Arbeit der allgegenwärtig präpotenten Verwaltung im dualistisch-mehrheitlichen Zusammengehen mit einer omnipräsent agierenden SPD-Mehrheitsfraktion zur Machtkontrolle und Chancengleichheit bei der nächsten Wahl aus den Reihen der Oppositionsfraktionen besetzt wird. Um natürlich mit einer oppositonellen Vorsitzenden eine fördernde Funktion in Richtung Transparenz – einem wichtigen Demokratieprinzip – auszufüllen. Denn tatsächlich sagt einem der demokratisch gebildete Menschenverstand doch, dass die Bürger*innen per se sicher nicht erwarten, dass die Politik im Zusammengehen mit der Verwaltung danach trachtet, über den Ausschussvorsitzenden die Aufklärung zu behindern. Wieso sollte dergleichen demokratisch sein?
Um einen dahingehenden Anschein zu vermeiden, undemokratisch zu agieren, hätte der AFJH im Jahr 2015 von vornherein mit einem Ausschussvorsitz aus Reihen der Opposition besetzt werden müssen. Da dies nicht geschah, sondern die SPD alles dafür tat, ihren Mann in den Vorsitz zu hieven, ist spätestens durch dieses Vorgehen gegenüber der SPD bei dem Thema Ausschussvorsitz große Vorsicht geboten.

Denn ein Ausschussvorsitzender kann mit einer übergriffigen Sitzungsleitung in der Lage sein, das komplette Ergebnis einer Ausschussarbeit zu torpedieren. Das wurde leider im AFJH eindrucksvoll bewiesen. Und genau dafür hat die SPD ihren Mann bekanntermaßen auf den Vorsitz des Aufklärungsausschusses AFJH inthronisiert. Der Ausschuss wurde am Ende vorzeitig, weil unter zweifelhaften Umständen ergebnislos, geschlossen. Ziel erreicht!
Das alles wirkt jetzt bei der Frage der Besetzung der Ausschussvorsitze nach. Kein Wunder, wie ich finde.
An dieser Stelle könnte sich die SPD fragen, warum sie bei der Kommunalwahl so viele Stimmen verloren hat, dass man bereits jetzt direkt nach der Wahl in den Sozialen Netzwerken darüber spricht, ob sie bei der nächsten Wahl dem Beispiel der Stadt Augsburg folgend bereits frühzeitig unter die 15 % Marke und damit gewaltig unter die Räder kommen wird.
Der nächste Aufklärungsausschuss kommt bestimmt. Das macht die zusätzliche Brisanz der hier besprochenen Fragestellungen aus. Ohne eine erklärtermaßen notwendige Änderung der Geschäftsordnung und Hauptsatzung wird es jedoch nicht angemessen demokratisch weitergehen, sondern bleiben wie es war. Stagnation, so scheint es, wird in GE groß geschrieben.


Eine weitere Brisanz ergibt sich aus der zweifelhaften Vorgabe der Verwaltung zur Berechnung der Zahl der Stimmen ( = 18), mit denen die Minderheit ihre demokratischen Ziele verwirklichen kann. Brisant ist das Ganze, weil die Opposition rückblickend – nicht wie Burkhard Wüllscheidt (GRÜNE) im Jahr 2015 zum AFJH gefordert hatte – die notwendigen Minderheitenrechte in Form eines Quorumsrechts (Fünftelrecht) von der Verwaltung zur Verfügung gestellt bekam, um die Opposition im Sinne einer effektiven Oppositionsarbeit praktizieren zu können, wie es das Demokratieprinzip mit dem Grundsatz der effektiven Opposition vorsieht. Wenn die Verwaltung aktuell in ihrer Vorlage zur Berechnung eines Fünftels von achtundachtzig (88 Ratssitze hat der neue Rat) mit der Summe 18 statt 17 Position bezieht, weil sie die Bruchstelle 0,6 hinter demKomma aufrundet, ergibt sich, bei ganzen Stimmen, die Frage, wie das sein kann, wo die Gemeindeordnung mit § 50 Abs. 3 den Menschen als unteilbar erklärt und nur ganze Menschen zählt.


Ein „Weiter so, wie bisher” darf es nicht geben. Es braucht die Etablierung der Minderheitenrechte (Fünftelrechte) als Abwehrrecht gegen den Dualismus aus Mehrheitsfraktion/Verwaltung im Rathaus gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Eine ordentliche und transparent kommunizierte Berechnung der Minderheit, die das Quorumsrecht aus- und einlöst, inklusive. Und auf diesem Wege über die Änderung der Geschäftsordnung einen festgelegten Zugriff der Opposition auf den Vorsitz eines Aufklärungsausschusses für den Fall der Fälle, dass die SPD wieder beabsichtigt, mit ihrer Mehrheit die Aufklärungsarbeit bis zur Erfolglosigkeit massiv zu behindern. Das politische Geschäft aller Fraktionen im Rathaus sollte sich auf nichts anderes einlassen. Denn, wie sagten vor Jahren Politiker im Kampf gegen die AfD in den Parlamenten: Wer die Rechte der Opposition beschneide, betreibe das Geschäft der Feinde der Demokratie.

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